Berlin. Das könnte unangenehm für Christian Lindner (FDP) werden. Dem Finanzminister droht ein Ermittlungsverfahren der Berliner Generalstaatsanwaltschaft – und damit die Aufhebung der Immunität.
Es geht um die Finanzierung seines Hauses im noblen Berliner Süden und die Frage, ob er dafür aus Gefälligkeit Video-Grußworte sendete. Erhärtet sich der Verdacht, könnte es ein Fall für das Strafgesetzbuch sein. Die Zweifel an der sauberen Finanzierung hatte im vergangenen Herbst der "Spiegel" gestreut. Den Bericht des Magazins nimmt nun die Berliner Generalstaatsanwaltschaft zum Anlass, zu prüfen, ob ein Anfangsverdacht besteht, sagte Sprecher Sebastian Büchner dieser Redaktion. Lesen Sie auch: Christian Lindner: Neues Nobel-Eigenheim wirft Fragen auf
"Wenn das der Fall sein sollte, wird der Immunitätsausschuss im Bundestag prüfen, ob die Immunität aufgehoben wird", so Büchner. Dies sei ein "in solchen Fällen übliches Verfahren", ohne dass ein Anfangsverdacht vorliegen würde. Mit einem Ergebnis rechnet Büchner im Frühjahr dieses Jahres.
Christian Lindner: Hauskauf warf Fragen auf
Darum geht es: Laut "Spiegel" habe sich Lindner das Geld für den Hauskauf bei einer Bank geliehen, zu der er seit Langem intensiven Kontakt gehabt haben soll. Es handele es sich um ein Zweifamilienhaus, für das Lindner Anfang 2021 etwa 1,65 Millionen Euro bezahlt habe.
Der Kredit dafür soll von der BBBank stammen – einem Geldinstitut, bei dem der Minister bei einer Jubiläumsveranstaltung ein Grußwort gesprochen habe. Vor seiner Zeit als Minister soll Lindner auch als Markenbotschafter in einem Werbefilm der Bank aufgetreten sein, zudem habe Lindner dort mehrfach gut bezahlte Vorträge gehalten und sei bei Veranstaltungen aufgetreten. Mit Unterzeichnung des Kaufvertrags soll Lindner laut "Spiegel" eine Grundschuld über 2,35 Millionen Euro zugunsten der BBBank eingetragen haben.
Eineinhalb Jahre später sei sein Grundstück mit weiteren 450.000 Euro belastet worden, wieder zugunsten der Karlsruher Genossenschaftsbank. Die Kreditvergabe sei "zu absolut marktüblichen Konditionen" erfolgt, zitiert nun der "Tagesspiegel" Lindners Anwalt. Die Baufinanzierung habe schon vor der Amtsübernahme des Ministers bestanden.
Linder richtete freundliches Grußwort an die Bank
Zwischen erster Grundschuld und Aufstockung liegt nun das kritische Grußwort per Video, das Linder am 18.Mai 2022 – er war längst Finanzminister – zum 100-jährigen Bestehen an die Bank sendete. "Die BBBank ist mir von Grund auf sympatisch", zitiert der Tagesspiegel aus dem Redemanuskript. Nach dieser Ansprache stockte er seinen Kredit um besagte 450.000 Euro auf.
Dem "Tagesspiegel" sagte der Anwalt nun: Das deutlich höhere Kreditvolumen im Verhältnis zum Kaufpreis erkläre sich aus dem Umstand, "dass es sich bei der erworbenen Immobilie um ein unsaniertes Haus handelt". Auch die Bank erklärte damals gegenüber dem "Spiegel", man beachte "die geltenden rechtlichen Anforderungen", die Kreditvergaberichtlinien würden "für alle unsere Privatkunden gleichermaßen" gelten.
Der Fall erinnert an einen anderen Bundesminister, der einen millionenschweren Immobilienkauf mithilfe einer Bank tätigte, mit der er lange verbunden war: Der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sorgte für Schlagzeilen, nachdem er eine Villa in Berlin-Dahlem für über vier Millionen Euro gekauft hatte. Bei der Finanzierung soll eine Bank geholfen haben, bei der Spahn im Verwaltungsrat gesessen hatte.
Transparency begrüßt Vorgehen der Justiz im Fall Lindner
Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency Deutschland begrüßt, dass die Berliner Justiz die Aufhebung der Abgeordnetenimmunität Lindner prüft. „Der Rechtsstaat muss auch und gerade bei einem Minister kritisch hinschauen“, sagte Transparency-Jurist Wolfgang Jäckle dieser Redaktion. „Für den normalen Hausfinanzierer sind Kredite in der gewährten Höhe völlig unerreichbar, gerade Genossenschaftsbanken wie die BBBank agieren bekanntermaßen sehr vorsichtig. Sollte sich nun ein Zusammenhang zwischen dem Kredit für die Privatperson Lindner und dem freundlichen, sicherlich sehr werbewirksame Grußwort des Bundesfinanzministers Lindner herausstellen, werden die Beteiligten in große Bedrängnis geraten.“
Der Geschäftsführer der Bürgerbewegung Finanzwende, Daniel Mittler, sagte: „Es war ein Fehler, dass Christian Lindner genau mit dieser Bank eine solche Geschäftsbeziehung einging und diese als Minister noch verfestigte. Es hätte bei marktüblichen Kreditkonditionen Alternativen gegeben. Das Mindeste wäre die Offenlegung gewesen.“ Lindner müsse jetzt auch hinsichtlich der Kreditkonditionen volle Transparenz schaffen, „um auch nur jeden kleinsten Verdacht der Vorteilsnahme auszuräumen“. (mit jule/bik/gau)