- Das russische Militär hat ein Atomkraftwerk in der Ukraine angegriffen
- Saporischja ist das größte Atomkraftwerk Europas
- Nun gibt es erste Einschätzungen zum Austritt von Strahlung
In der Nacht zu Freitag brach in einem Atomkraftwerk in der Ukraine nach einem russischen Angriff Feuer aus. Wie ein Sprecher der Atomanlage in einem Video auf Telegram berichtete, sei Saporischja von russischen Truppen "bombardiert" worden. Die russischen Streitkräfte haben das Atomkraftwerk in Saporischschja örtlichen Angaben zufolge eingenommen.
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien hatte mitgeteilt, dass es bisher keine Berichte über eine erhöhte radioaktive Strahlung gebe. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz gab eine erste Entwarnung. Es sei nicht zu einem Austreten radioaktiver Strahlung gekommen, sagte der SPD-Politiker am Freitag. Der nach der Attacke entstandene Brand habe ein Verwaltungsgebäude betroffen.
Bei Saporischja handelt es sich um das größte Atomkraftwerk Europas. Die Anlage verfügt über sechs Reaktoren, von denen der älteste 1984 in Betrieb gegangen ist. Infolge des Angriffs warf der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Russland "Nuklear-Terrorismus" und den gezielten Beschuss der Reaktorblöcke vor.
Atomkraftwerk Saporischja: Bei Explosion steht "das Ende Europas" bevor
In einer Videobotschaft betonte Selenskyj, dass kein anderes Land der Welt jemals Atomanlagen beschossen habe. "Der Terroristen-Staat verlegt sich jetzt auf Nuklear-Terror." Offenbar wolle Russland die Atomkatastrophe von Tschernobyl "wiederholen": "Wenn es eine Explosion gibt, ist das das Ende von allem. Das Ende Europas", warnte Selenskyj.
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Auch der britische Premierminister Boris Johnson kritisierte Wladimir Putins "rücksichtsloses Verhalten": Er gefährde "die Sicherheit von ganz Europa". Johnson forderte eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats.
Zurückhaltender aber dennoch besorgt äußerte sich Bundeskanzler Scholz. "Kriege führen immer dazu, dass Zerstörungen angerichtet werden, wo sie vielleicht auch keine der Kriegsparteien wirklich vorhat, aber die trotzdem ihre schrecklichen Auswirkungen haben können." Deswegen sei es wichtig, solche Eskalationen zu vermeiden.
Ukraine: Atomkraftwerk brennt – sofortiges Angriffsende gefordert
Scholz hatte zuvor mit dem Selenskyj telefoniert, der öffentlich bereits an die Atomkatastrophe von Tschernobyl erinnert hatte.
Auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba schrieb nach Bekanntwerden des Angriffs auf Twitter: "Wenn es explodiert, wird das zehnmal größer sein als Tschernobyl! Russen müssen sofort das Feuer einstellen."
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Am 26. April 1986 war es im Atomkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine zu einer der schlimmsten Katastrophen bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie gekommen. Nach der Explosion eines Reaktorblocks des Atomkraftwerks verteilten sich radioaktive Stoffe über mehrere Tage über weite Teile Europas.
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Angriff auf Atomkraftwerk: Russisches Militär soll Feuerwehr behindert haben
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag sollen sich nach Schilderungen von Beteiligten dramatische Szenen rund um das Atomkraftwerk abgespielt haben.
"Die Feuerwehr kann den Brandort nicht erreichen und nicht löschen. Die Angriffe sind sehr nahe. Der erste Block der Anlage ist schon getroffen. Hört damit auf", ergänzte auch Akw-Sprecher Andrej Tus in der Nacht in einem Video in Netz. Die russischen Soldaten sollen die Löschtrupps nach Angaben der Feuerwehr zunächst nicht zum Brandort durchgelassen haben.
Erst nach Stunden sollen Feuerwehrleute Zugang erhalten und den Brand gelöscht haben. Wie das ukrainische Innenministerium am Freitagmorgen auf Twitter mitteilte, habe es keine Toten oder Verletzten gegeben. Gebrannt habe ein Trainingskomplex.
Atomanlage brennt: Internationale Atomenergiebehörde schaltet sich ein
Bereits am Donnerstag hatte die ukrainische Regierung der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA gemeldet, dass sich russische Soldaten nur wenige Kilometer vom Akw Saporischschja entfernt aufhielten. IAEA-Chef Rafael Mariano Grossi hatte daraufhin einen sofortigen Stopp jeglicher Kampfhandlungen in dem Gebiet gefordert.
Nach Gesprächen zwischen Grossi und dem ukrainischen Regierungschef Denys Schmyhal warnte die Behörde am Freitagmorgen auf Twitter vor der "ernsten Situation" und "ernsthaften Gefahren, wenn Reaktoren getroffen werden." Lesen sie ebenfalls: Ukraine-Krieg: Wie viele Flüchtlinge wir aufnehmen können
Brennendes Atomkraftwerk: Börse bricht ein
Die Berichte über das brennende Atomkraftwerk in der Ukraine haben sich auf die asiatische Leitbörse in Tokio ausgewirkt. Es wurden starke Verluste verzeichnet. Der 225 führende Werte umfassende Nikkei notierte am Freitag eine Stunde nach Handelsbeginn einen heftigen Abschlag von 688,62 Punkten oder 2,59 Prozent beim Zwischenstand von 25.888,65 Punkten. (day/dpa/afp)
Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.
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