Es gibt in der Psychologie ein Phänomen, das Fachleute als „gun embodiment effect“ bezeichnen. Kurz gesagt haben die Forscherinnen und Forscher mithilfe eines Experiments herausgefunden: Wer selbst eine Waffe in der Hand hält, nimmt sein Gegenüber auch eher als bewaffnet wahr.
Russlands Präsident Wladimir Putin verfügt als Oberbefehlshaber über die russischen Streitkräfte über sehr viele, sehr schwere Waffen. Und wie westliche Staaten auch über Atomwaffen. Fest steht: Putin fühlt sich bedroht, jedenfalls sagt er es – dabei sind es vor allem die unschuldigen Menschen in der Ukraine, die sich vor seinen Panzern und Soldaten fürchten müssen.
Psychologie spielt in Kriegen eine große Rolle. An der Front, in der zentralen Militärführung, bei der Zivilbevölkerung. Wir wissen nicht, was Putin plant, wie weit er eskaliert, wie sehr er seinen Großreichfantasien verfallen ist. Die Psychologie des Krieges erreicht auch uns. Die Nervosität. Die Angst. Genau in diese Unsicherheit stößt Putins massive Drohung: Das Militär solle die „Abschreckungskräfte“ in „Alarmbereitschaft“ versetzen. Putin nennt das Wort Atomwaffen nicht. Doch jeder deutet es richtig.
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Alarmbereitschaft des Westens ist genauso berechtigt wie Sorge
Wladimir Putin ist bewaffnet, seine Rhetorik war schon vor dem Einmarsch in der Ukraine aggressiv. Nun stößt sein Feldzug auf mehr Gegenwehr, als Experten vorhergesehen haben. Und womöglich Putin selbst. Die Weltgemeinschaft beschließt scharfe Sanktionen, liefert Kriegsgerät an die Ukraine, und Menschen feiern den Freiheitswillen der Ukraine. Für Wladimir Putin ist das alles eine brisante Mischung. Aber auch für die Welt. Und niemand weiß, wie radikalisiert der Mann im Kreml wirklich ist. Fachleute heben hervor, dass ein Nuklearschlag nicht unmittelbar bevorsteht. Und schätzen das Risiko als gering ein. Derzeit. Allerdings höher als vor einer Woche.
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Alarmbereitschaft des Westens ist genauso berechtigt wie Sorge und Unsicherheit. Doch es ist der falsche Weg, jetzt die Spirale der nuklearen Bedrohung bei allem Handeln und Denken in den Fokus zu rücken. Denn das genau ist es, was Putin will.
Russlands Herrscher will nicht über den Einbruch seiner Währung infolge der Sanktionen reden. Er will keine Debatten darüber, dass russische Flugzeuge in weiten Teilen der Welt nicht mehr landen dürfen. Putin verachtet die jungen, mutigen Menschen, die in Moskau oder Sankt Petersburg gegen den Krieg und für Demokratie auf der Straße protestieren. Putin will lieber über seine Atomwaffen reden. Über seine Macht.
Doch je mehr diese Drohungen Raum bekommen, desto weniger Gehör finden die mutigen Demonstranten in Russland. Desto weniger reden wir über die Souveränität der Ukraine. Darüber, wie Putin in der Welt isoliert wird. Sogar das Olympische Komitee entdeckt, dass die Spiele politisch sind – und empfiehlt einen Ausschluss russischer Sportler.
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Darum nutzt Putin Angst als Waffe
Putin nutzt Angst als Waffe, weil seine anderen Waffen nicht so schnell in der Ukraine vordringen. Weil der Widerstand weltweit gewachsen ist. Das ist ein Zeichen von Putins Schwäche. Das muss der Westen nutzen.
Wer selbst eine Waffe in der Hand hält, nimmt sein Gegenüber auch eher als bewaffnet wahr, heißt es. Und ja, nicht nur Putin ist bewaffnet, auch der Westen droht. Muss weiter drohen. Mit Sanktionen, mit Waffenlieferungen an die Ukraine, mit Hilfe für die Opposition in Russland.
Zentral aber wird sein, nicht auf Putins gefährliches Zündeln mit Atomwaffen nun selbst mit einer nuklearen Drohung zu reagieren. In dieser Spirale der Rhetorik verlieren am Ende alle.
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