Berlin. Nach dem stattgefundenen russischen Einmarsch mit ersten Truppen in die Ostukraine entzündete sich in Deutschland heftige Kritik an der Programmgestaltung der öffentlich-rechtlichen Sender. Twitter-User äußerten sich wütend darüber, dass ARD und ZDF nach der Rede Putins und dem gegen 23 Uhr über die Nachrichtenticker laufenden Eilmeldungen über Militärbewegungen Russlands auf das Gebiet der östlichen Ukraine keine Sondersendung auf die Beine gestellt bekamen.
Der Tenor: Bei einem Budget von rund 9 Milliarden Euro jährlich sollte eine schnelle Live-Berichterstattung aufzustellen sein. In vielen Kommentaren wurde zusätzlich die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefordert. Lesen Sie dazu: Ukraine-Konflikt eskaliert, doch ARD und ZDF schlafen
Berliner FDP-Abgeordneter will ÖRR abschaffen
So schrieb etwa der Berliner FDP-Abgeordnete Tobias Bauschke: "Wenn der ÖRR mit der vorhandenen finanziellen Ausstattung bei einem Krieg in Europa keine Sondersendung hinbekommt, hat der ÖRR seine Daseinsberechtigung verloren."
"Es geht gerade um Krieg und Frieden in Europa, gibt es da keine Sondersendung beim ÖRR?", fragte auch FDP-Politiker Oliver Luksic, parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium, am Montagabend auf Twitter.
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jürgen Braun klagte am Dienstagvormittag über "Zwangsgebühren", die nicht ausreichten, eine Sondersendung zu stemmen. In den Chor mischten sich dazu zahlreiche Journalisten privater Verlagshäuser aus Deutschland und der Schweiz, die sich über fehlende Berichterstattung echauffierten und ihre eigene anpreisten. Lesen Sie auch: Ukraine – Westen droht Putin mit Guerillakrieg und Aufrüstung
Wie ARD und ZDF über die Lage berichteten
Dabei hatten die beiden großen Nachrichtenflagschiffe von ARD und ZDF durchaus umfangreich über die sich entwickelnde Lage berichtet. Das "Heute Journal" machte seine Sendung um 21.45 Uhr mit Berichten und Einordnung über die nur kurz zuvor gehaltene Rede Putins auf, holte dazu Stimmen von Korrespondenten aus Washington, Berlin, Kiew und Moskau ein und sprach mit Politikwissenschaftler Carlo Masala von der Bundeswehruniversität München.
Die "Tagesthemen" berichteten um 22.15 dann ebenfalls über die Putin-Rede und lieferten eine Einordnung von Korrespondenten und Korrespondentinnen aus Moskau und Brüssel. Als dann erste Eilmeldungen über den russischen Verbreitet wurden, schaltete die Regie nochmal zurück zur Moskau-Korrespondentin Ina Ruck die nochmal eine Einordnung einer nur wenige Minuten vorher verbreiteten Nachricht lieferte.
Ausdrücklich ging die Journalistin dabei auf Augenzeugenberichte aus dem Donbass ein, die von "großen Panzerkolonnen" sprachen und sagte: "Sie (die russische Armee, d. Red.) scheinen also schon längst drin zu sein."
Kritik an ARD und ZDF gerechtfertigt?
Zusätzlich lieferte die ARD eine Sondersendung im Nachrichtenkanal Tagesschau24 und machte drauf auch bei Twitter aufmerksam – um kurz vor 22 Uhr. Dazu waren die Nachrichtenseiten der beiden Rundfunkanstallten – wie die ihrer privaten Marktbegleiter – voll mit Meldungen und Berichterstattung über die sich am Montagabend überschlagenden Ereignisse.
Zuvor hatte in der ARD zudem "Hart aber fair" kurzfristig das Thema gewechselt, um auf die Entwicklungen zu reagieren. Statt über Inflation debattierte Frank Plasberg mit seiner Runde um 21 Uhr die Ukraine-Krise und ihre Folgen.
So läuft die Kritik in den sozialen Netzwerken zumindest teilweise ins Leere. Denn beide Sender kamen ihrem gesetzlichen Auftrag durchaus nach. Einen ARD-"Brennpunkt", ein "ZDF spezial" oder eine Unterbrechung laufender Sendungen gab es allerdings nicht. (mit tma)
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