Tisch-Diplomatie

Kreml-Treffen: Je schräger der Gast, desto kleiner der Tisch

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"Die verdammte Pflicht, Krieg zu verhindern": Scholz auf Friedensmission in Moskau

"Die verdammte Pflicht, Krieg zu verhindern": Scholz auf Friedensmission in Moskau

Nach seinem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sieht Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Hoffnung für eine "gute Entwicklung" in der Ukraine-Krise. Der Kreml-Chef zeigte sich dialogbereit: Sein Land sei "bereit, den Weg der Verhandlungen zu gehen."

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Putin und Scholz sitzen sechs Meter entfernt, Putin und Bolsonaro nur zwei. Was Putin mit seiner irren Tisch-Diplomatie zeigen will.

Berlin. Wer bislang an den Kreml dachte, hatte meist den Amtssitz des Präsidenten, die historischen Mauern und die 20 Türme vor Augen, die das Moskauer Stadtbild prägen. Seit den jüngsten Gipfeltreffen ist Putins XXL-Tisch Sinnbild für die Kreml-Politik. Mit ihm – und anderen Möbeln – macht Russlands Präsident Wladimir Putin Politik, wie wir seit den Besuchen von Bundeskanzler Olaf Scholz und Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro wissen. Motto: Je schräger der Gast, desto kleiner der Tisch.

Olaf Scholz hatte vor den Augen der Weltpresse an der Stirnseite des sechs Meter langen Möbel-Monstrums im Empfangssaal Platz zu nehmen. Der Kanzler musste ziemlich laut sprechen, damit ihn der Präsident überhaupt verstehen konnte. Der Kreml erklärte die bizarre Sitzordnung mit der Weigerung von Olaf Scholz, einen PCR-Test bei einer offiziellen russischen Stelle machen zu lassen.

Putins langer Tisch ist jetzt weltberühmt

Die Fotos von Scholz und Putin inspirierte Scherzkekse im Netz zu lustigen Sprüchen und Ikea-Parodien. Der Tisch selbst, geschreinert aus einem Stück Holz von dem italienischen Designer Renato Pologna, ist mittlerweile weltberühmt. Ein Nachbau des Protzstückes mit weißem Lack und Blattgold-Ornamenten soll rund 100.000 Euro kosten.

Vertraulicher ging es beim Besuch des umstrittenen rechten Präsidenten Bolsonaro zu, der am Tag des angeblich geplanten Überfalls auf die Ukraine im Kreml empfangen wurde. Bolsanoro, der wegen seiner laxen Corona-Politik viele Tote in seinem Land zu verantworten hat, durfte zum Gespräch mit Putin an der Tischseite Platz nehmen – Abstand von Präsident zu Präsident nur noch 2,60 Meter!

Bolsonaro und Putin schütteln sich die Hand

Dann wurde es noch besser: Weitere Fotos zeigen Bolsonaro und Putin an einem winzigen Abstelltisch – Sicherheitsabstand nur noch ein Meter! Am Ende ließ Putin, der angeblich große Angst vor Corona hat, alle Vorsicht fahren und schüttelte Bolsonaro, der selbst Corona bereits einmal hatte, auch noch die Hand.

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Mag sein, dass sich der Gast aus Brasilien tatsächlich von russischen Ärzten zuvor untersuchen ließ. Aber Wladimir Putin weiß um die Macht der Bilder. Und er genießt sicher die öffentliche Empörung, dass ausgerechnet der umstrittene USA-Kritiker Bolsonaro auf dem Höhepunkt der Ukraine-Krise die Gunst seiner Nähe erfahren durfte. (jos)

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