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Donald Trump will zweite Amtszeit – Das ist seine Bilanz

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Dirk Hautkapp
Donald Trump ist seit zweieinhalb Jahrem im Amt.

Donald Trump ist seit zweieinhalb Jahrem im Amt.

Foto: Alex Brandon / dpa

US-Präsident Trump will am Dienstag offiziell seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit ankündigen. Seine Bilanz ist durchwachsen.

Washington. Am Dienstag soll es amtlich werden. Donald Trump will in der Amway-Arena in Orlando/Florida vor 20.000 Anhängern offiziell seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit im Weißen Haus bekanntgeben. Im Mittelwert relevanter Meinungsforschungs-Institute ist der New Yorker Geschäftsmann der unbeliebteste Commander-in-Chief seit Jahrzehnten. Stabil sind nur 40 Prozent mit seiner Amtsführung zufrieden.

Gleichwohl geben dem 73-Jährigen aktuell 54 % der Amerikaner solide Chancen auf eine Wiederwahl. 41 % glauben an seine Niederlage. Warum das so ist, liegt für Trump auf der Hand: “Keine Regierung hat in den ersten zwei Jahren mehr getan als meine.” Aus Trumps Sicht geht es Amerika heute so gut wie noch nie in ihrer über 240-jährigen Geschichte.

Dass eine Armada von Experten dieser Deutung widerspricht, dass mehrere potenzielle demokratische Herausforderer (allen voran Joe Biden) in Umfragen deutlich vor ihm liegen, hält Trump für den Ausdruck von Gehässigkeit. Oder “fake news”. Aber wie sieht die Bilanz gemessen an den Worten Trumps denn nun aus? Trump hat mit manchen Ankündigungen ernst gemacht und den Kurs Amerikas radikal neu justiert. Viele Vorhaben blieben jedoch bisher unverwirklicht. Oder zeigen durchwachsene Auswirkungen. Eine Übersicht:

Wirtschaft und Arbeitsmarkt:

Seit Trump im Amt ist, sind rund vier Millionen neue Jobs entstanden. Es ist die Fortsetzung der Aufwärtsentwicklung, die nach der Finanzkrise 2008/2009 Vorgänger Barack Obama einleitete. Trumps Steuergeschenke an Unternehmen und massive Deregulierung haben den Trend beschleunigt. Mit 3,6 Prozent war die Erwerbslosenquote zuletzt so niedrig wie seit 50 Jahren nicht mehr. Viele Konzerne, vor allem Banken, melden Rekordgewinne.

Durch protektionistische Eingriffe bei Stahl und Aluminium (Strafzölle) sind einige tausend Industrie-Arbeitsplätze zurückgekehrt. Die Löhne stiegen um bis zu drei Prozent an. Die Börsen jubeln; in der Regel. Aber: Trumps Mehr-Fronten-Handelskrieg verdunkelt das Bild. Die milliardenschweren Strafzölle auf Importe aus China wirken wie eine Extra-Steuer für US-Verbraucher.

Sie kann lautet aktuellen Studien die Vorteile der Steuer-Reform gerade für mittlere Einkommen “auffressen”. Industrieverbände schreiben bereits Brandbriefe ans Weiße Haus. Tenor: Schluss damit!. Je länger der Wirtschaftskrieg dauert, desto größer ist nach Kalkulation von Beratern des Präsidenten die Gefahr einer Wachstums-Delle, die die Wiederwahl-Chancen beeinträchtigen würde. Zumal sich sein Versprechen, das Handelsungleichgewicht mit anderen Nationen zu reduzieren, als leeres erwiesen hat. In den ersten zwei Amtsjahren ist das Export-Defizit um 120 Milliarden Dollar gestiegen. Trump wird ungeduldig und attackiert die Notenbank Die “Fed” soll die Leitzinsen senken.

Öffentliche Finanzen:

Trump hatte den Abbau des astronomisch hohen Haushalts-Defizits versprochen. In der Realität sind die Staatsschulden von 19 Billionen Dollar Ende 2016 auf zuletzt 22 Billionen Dollar angewachsen. Bereits 2022 wird die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zum ersten Mal in einem Jahr die Summe von 1000 Milliarden Dollar übersteigen, sagen staatliche Rechnungsprüfer.

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Ein Detail: US-Landwirte, die im Handelskrieg ihre Sojabohnen nicht mehr nach China liefern, müssen jährlich mit zweistelligen Milliarden-Beträgen entschädigt werden - aus der Steuerkasse. Die angespannte Lage ist ein Grund, warum das angekündigte milliardenschwere Modernisierungsprogramm für Straßen, Brücken etc. nur in Schubladen existiert.

Gesundheit und Soziales:

Die komplette Abschaffung des von Obama installierten halb-öffentlichen Krankenversicherungssystems (“Obamacare”) zugunsten eines an den Prinzipien des freien Marktes orientierten Gesundheitswesens ist Trump bisher nicht gelungen. Auch weil seine eigene Partei, die Republikaner, nicht mitzogen. Den Rest haben Gerichte besorgt. Aber: Im Vorwahlkampf ist “health care”, weit vor Einwanderung oder Terror, das wichtigste Thema in der Bevölkerung. Trump hat bislang nicht geliefert.

Klimaschutz:

Trump hat das Pariser Klimaschutzabkommen verlassen und Dutzende Umweltauflagen für die Industrie zurückgenommen. So massiv, das gerade 17 führende Auto-Hersteller den Präsidenten aufforderten, die von ihm angeordnete Lockerung der Auspuffgas-Emissionen zu stoppen. General Motors, Ford Co. fürchten Nachteile im globalen Wettbewerb.

Justiz:

Die Ernennung auf Lebenszeit von zwei konservativen Richtern am Obersten Gerichtshof (Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh) ist der nachhaltigste Erfolg für Trump. Er hatte versprochen, den “supreme court” im ideologischen Geist seiner Kern-Wählerschaft neu aufzustellen. Abtreibung, Waffenbesitz, Umweltauflagen, Wahlrecht oder Gesundheitspolitik sollen im Sinne der Konservativen geregelt werden.

Trump hat es durchgesetzt und die Spaltung der Gesellschaft weiter vergrößert. Aufgrund der Altersstruktur des neunköpfigen Gremiums sind in einer zweiten Amtsperiode Trumps weitere Abgänge liberaler Richter (z. B. Ruth Bader Ginsburg) nicht auszuschließen. Amerikas wichtigstes Gericht bekäme bis zum Jahr 2050 ein unverrückbar erz-konservatives Gesicht.

Verteidigung:

Trump hatte im Lichte der militärischen Ewigkeitskosten aus Afghanistan und dem Irak den Rückzug auf die eigene Scholle (“America first”) angekündigt. Nur bei akuter Bedrohung der nationalen Sicherheit seien mit ihm militärische Einsätze zu machen, sagte er. Abseits martialischer Drohungen gegen Nordkorea und Iran und vereinzelter Aktionen (Syrien) hat der Präsident bisher Wort gehalten, gleichzeitig im Pentagon aber massiv in Aufrüstung investieren lassen.

Und: Trump hat mehreren Nato-Mitgliedern die Zusage abgetrotzt, mehr Geld für Verteidigung auszugeben - rund 100 Milliarden Dollar. Dadurch wird der größte Einzel-Nettozahler USA entlastet. Kollateralschaden: Das Verhältnis etwa zu Deutschland, das vom Präsidenten als zahlungssäumig angezählt wird, ist beschädigt.

Außenpolitik:

Statt den versprochenen Isolationismus zu praktizieren, agieren die USA unter Trump als globale Ordnungsmacht, die im Zickzackkurs auf Alleingänge, Konfrontation und Schmeichel-Offensiven setzt. Im Nahen Osten hat der Präsident mit Parteinahme für Israel (Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem) und Saudi-Arabien (Rüstungslieferungen) eine neue Front aufgemacht.

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In Sachen Iran hat Trump das internationale Atomabkommen einseitig aufgekündigt, Teile des Mullah-Regimes mit Terroristen gleichgesetzt und durch Sanktionen im Öl-Sektor den wirtschaftlichen Niedergang des Landes beschleunigt - ohne greifbaren Erfolg. Die Regierung in Teheran will kein neues Atomabkommen, provoziert stattdessen, gibt aber keineswegs klein bei.

In den vergangenen Wochen (Tanker-Zwischenfälle) ist die Konfrontation eskaliert. Trump, der eigentlich keinen Krieg will, gehen die Handlungsoptionen aus. Handfestes fehlt auch im Verhältnis zu Nord-Korea. Nach zwei pompös inszenierten Gipfeltreffen mit Kim Jong un ist nicht erkennbar, dass der Diktator aus Pjöngjang wie gefordert sein Atom-Arsenal aufgibt.

Auch Trumps Bestrebungen, in Venezuela den sozialistischen Präsidenten Maduro zu Fall zu bringen und die Machtübernahme durch Oppositionsführer Guaidó zu beschleunigen, sind bisher fruchtlos geblieben. Gleiches gilt für die versprochene Verbesserung der Beziehungen zu Russland. Obwohl Trump Präsident Putin regelmäßig um den Bart geht, befinden sich beide Supermächte de facto in einer Neuauflage des Kalten Krieges.

Einwanderung:

Trumps Versuche, illegale Migration, Kriminalität und Terror-Prävention mittels Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko zu begegnen, sind bisher am Parlament oder den Gerichten gescheitert - oder nachhaltig gebremst worden. Dem Präsidenten ist das Projekt aber so wichtig, dass er einen Regierungsstillstand (“shutdown”) inszenierte und durch Ausrufung eines nationalen Notstands Gelder aus dem Verteidigungs-Etat abzweigen ließ, um sein zentrales Wahlversprechen einzulösen. Mit einer vollständigen Realisierung ist während seiner Amtszeit nicht zu rechnen.