Berlin. Mit Vorschlägen zu einem umfassenden Umbau des Sozialstaats hat SPD-Chefin Andrea Nahles eine Debatte über die Zukunft von Hartz IV ausgelöst. „Wir wollen Hartz IV hinter uns lassen“, sagte Nahles dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND).
Stattdessen schlägt sie eine neue Grundsicherung vor, ein sogenanntes Bürgergeld. Damit solle eine Sichtweise korrigiert werden, „die wir vor 16 Jahren eingenommen haben, als noch Massenarbeitslosigkeit herrschte“, so Nahles.
Hartz IV soll weg
Mit dem Bürgergeld will Nahles, die sich eine Klanzlerkandidatur zutraut, nun eine Übergangsphase von zwei Jahren einführen, in der beispielsweise die Angemessenheit der Wohnung nicht infrage gestellt wird. Die Menschen brauchten ihre Kraft, um einen neuen Job zu finden, nicht eine günstigere Wohnung, sagte die SPD-Chefin dem RND.
Auch unsinnige Sanktionen müssten weg, sagte Nahles. Dazu zählten die Strafen für unter 25-Jährige. „Sanktionen, die Obdachlosigkeit zur Folge haben, werden wir abschaffen“, erklärte Nahles.
Die Jobcenter können Arbeitslosen heute sämtliche Leistungen streichen, wenn sie ihre Mitwirkungspflichten verletzen, im letzten Schritt auch die Unterkunftskosten. Auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich mit den Sanktionen bei Hartz IV.

FDP kritisiert Pläne als Wahlgeschenk
Außerdem kündigte Nahles eine Verlängerung des Arbeitslosengeldes I für ältere Arbeitslose an. Statt bisher 24 Monate sollten sie es bis zu 33 Monate lang erhalten. Das Arbeitslosengeld I richtet sich nach dem vorherigen Lohn und ist in aller Regel höher als Hartz-IV-Leistungen.
Dass die SPD Hartz IV abschaffen will, wird aus der Partei immer wieder verlautet. Abschied von Hartz IV – Das bedeutet der Kurswechsel der SPD.
Scharfe Kritik an den Plänen kommt von der FDP .„Nach Heils Grundrente bereitet die SPD mit längerem Arbeitslosengeld für Ältere das nächste Wahlgeschenk vor“, sagte Marco Buschmann, der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, unserer Redaktion. Das sind zwölf wichtige Fakten zur Grundrente für Geringverdiener.
Widerstand auch vom Koalitionspartner
„Dieses Manöver ist so durchsichtig wie unnötig. Wenn die SPD den Sozialstaat wirklich voranbringen will, muss mehr Geld in Weiterbildung und Qualifizierung und nicht in Frühverrentung“, so Buschmann weiter. Auch die Vorschläge zu Hartz IV überzeugten nicht. „Das Prinzip Fördern und Fordern hat sich bewährt. Dazu gehören auch Sanktionen.“
Widerstand gegen die Pläne der SPD-Chefin kommt auch vom Koalitionspartner CSU. „Das Programm von Frau Nahles würde Deutschland zum Sanierungsfall machen“, so CSU-Generalsekretär Markus Blume. „Die Erfolge am Arbeitsmarkt, die Hartz IV erreicht hat, dürfen nicht gefährdet werden.“
Nahles kritisiert entwürdigendes Verfahren
2005 waren unter dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) die Arbeitslosen- und die Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II (Hartz-IV) zusammengelegt worden. Die unter dem Namen „Agenda 2010“ umgesetzten Reformen gelten in der SPD bis heute als Hauptgrund für den Verlust breiter Wählerschichten.
Nahles bemängelt zudem, dass Bezieher von Sozialleistungen sich zu oft als Bittsteller fühlten. Sie würden von einer Behörde zur anderen geschickt, um die ihnen zustehenden Leistungen zu beantragen. Die SPD-Chefin kündigte verständliche und transparente Verfahren an.
Behördengänge sollen einfacher werden
So sollten sich die Betroffenen künftig nur noch an eine Stelle wenden müssen, die eine Lotsenfunktion übernehmen solle. „Wir müssen weg vom Prinzip der Zuständigkeiten und hin zu einer modernen Begleitung von Menschen“, so Nahles gegenüber dem RND. (küp/FMG/epd/dpa)
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