Arbeitsrecht

Für die Kirchen gibt es deutliche Grenzen als Arbeitgeber

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Francis Kahwe Mohammady
Wer für eine kirchliche Organisation arbeitet, muss nich immer auch Mitglied dieser Kirche sein. (Symbolfoto).

Wer für eine kirchliche Organisation arbeitet, muss nich immer auch Mitglied dieser Kirche sein. (Symbolfoto).

Foto: Roland Weihrauch / dpa

Der EuGH hat Kirchen Privilegien bei der Stellenvergabe abgesprochen. Sie dürfen beispielsweise nicht überall nur Christen einstellen.

Berlin.  Kita, Klinik, Altenheim – zahlreiche solcher Einrichtungen gehören in Deutschland zur evangelischen Diakonie oder katholischen Caritas. Sie haben Hunderttausende Stellen zu vergeben. Bislang ist für Bewerber die Kirchenmitgliedschaft oft ein Vorteil und manchmal ein Muss. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu einem Fall aus Deutschland könnte die rechtliche Basis verändern und beispielsweise Muslimen oder Atheisten den Rücken stärken. (C-414/16)

Demnach dürfen kirchliche Arbeitgeber nicht bei jeder Stellenausschreibung von den Bewerbern einfordern, dass sie Religionsgemeinschaft angehören. Zur Bedingung darf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Konfession nur gemacht werden, wenn dies für die Tätigkeit „objektiv geboten“ ist. Außerdem muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.

Diakonie hatte im aktuellen Fall Kirchenzugehörigkeit gefordert

Vorausgegangen war ein Streit über eine Stellenausschreibung des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung. Bei der befristeten Referentenstelle ging es um die Erstellung eines Berichts zur UN-Antirassismuskonvention. Für die Stelle hatte der Arbeitgeber die Zugehörigkeit zu einer protestantischen Kirche gefordert. Bewerber sollten diese auch in ihrem Lebenslauf ausweisen.

Eine konfessionslose Bewerberin wurde nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Da sie annahm, sie habe die Stelle wegen ihrer Konfessionslosigkeit nicht bekommen, verklagte sie die evangelische Institution und forderte knapp 10.000 Euro Entschädigung.

Der Fall ging in Deutschland mit widersprüchlichen Urteilen durch die Instanzen. Das Bundesarbeitsgericht bat schließlich die Kollegen in Luxemburg um eine grundsätzliche Auslegung des EU-Diskriminierungsverbots.

Arbeitsrechtler sehen Meilenstein

Der EuGH stellte nun fest, dass die Antidiskriminierungsrichtlinie eine Abwägung erfordere zwischen dem kirchlichen Privileg auf Selbstbestimmung und dem Recht eines Bewerbers, nicht wegen seiner Religion oder Weltanschauung diskriminiert zu werden. Zwischen beidem sei ein „angemessener Ausgleich“ herzustellen. Die Abwägung müsse im Fall eines Rechtsstreits eine unabhängige Stelle und letztlich ein Gericht überprüfen können.

Kirchen dürften zwar eine „mit der Religion oder Weltanschauung zusammenhängende Anforderung“ stellen, hieß es. Dies gelte aber nur, wenn diese Bedingung bei der jeweiligen Tätigkeit „eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation“ darstelle.

Arbeitsrechtler sehen das Urteil zum kirchlichen Arbeitsrecht als Meilenstein. „Bisher hatten kirchliche Arbeitgeber recht große Autonomie bei der Frage, wen sie einstellen möchten. Das geht jetzt nicht mehr“, erklärt Steffen Klumpp, Professor an der Uni Erlangen.

Evangelische Kirche stellt vorrangig Protestanten ein

Die Möglichkeit, sich in Berufe einzuklagen, besteht nicht. Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) sieht für Fälle von Diskriminierung eine Entschädigungszahlung vor. Zudem unterscheiden sich die Einstellungsvoraussetzungen bei katholischen und evangelischen Trägern. Während die evangelische Kirche weitestgehend evangelische Christen einstellt, kennt die katholische Kirche diesen Grundsatz nicht.

In einer Stellungnahme begründete die Diakonie, dass Anforderungen wie die Kirchenmitgliedschaft bei der Personalauswahl in der Diakonie nicht willkürlich gestellt werden. Es handle sich immer um einen Abwägungsprozess. „Für die Arbeit der Diakonie ist eine evangelische Prägung wichtig. Diese erwarten auch die Menschen von uns, die uns ihre Kinder, Eltern oder Kranken anvertrauen“, sagt Jörg Kruttschnitt, Rechtsvorstand der Diakonie Deutschland.

Die Diakonie will abwarten, welche Auswirkungen das EuGH-Urteil auf die Personalauswahl haben wird. Zunächst müsse die ausstehende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts abgewartet werden, die dann verfassungsrechtlich geprüft werden soll. Entscheidend sei, dass der kirchliche Charakter und die christlichen Werte der Einrichtungen und Dienste erkennbar bleiben.