US-Präsident Donald Trump (r.) mit Rex Tillerson (Archivbild).
Foto: Pablo Martinez Monsivais / dpa
Rauswurf via Twitter: Rex Tillerson muss als US-Außenminister gehen. Der Abschied ist für ihn vielleicht mehr Erlösung als Entlassung.
Washington.
Die ersten Spekulationen über seinen Rauswurf (oder Rücktritt) machten schon die Runde, da hatte Rex Tillerson im Februar vergangenen Jahres sein Büro im Außenministerium im Washingtoner Stadtteil Foggy Bottom noch gar nicht richtig bezogen.
Denn dass der Chef-Diplomat der Vereinigten Staaten von Amerika und sein Präsident nicht auf einer Wellenlänge senden und empfangen, war in den ersten Wochen der Amtszeit Donald Trumps beinahe täglich zu beobachten. Iran, China, Nordkorea, Nato, Russland – kaum ein Thema, bei „Secretary of State“ und Commander-in-Chief im Gleichschritt marschierten.
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Oder sollte man besser sagen: Erlösung? „Unsere Denkweise ist nicht wirklich die gleiche“, schrieb der Präsident und nannte die Causa Iran. Tillerson ist ein Verfechter des Atomabkommens, aus dem Trump am liebsten schon vor Monaten ausgestiegen wäre. Tillerson werde „jetzt viel glücklicher“ sein, stellte Trump flapsig fest.
Danach sah der Rausgeworfene nicht aus, als er am Mittag (Ortszeit) vor die Presse trat, Fortschritte in Nordkorea, Afghanistan und Syrien für sich in Anspruch nahm und demonstrativ oft von „Integrität“, „Respekt“ und „Ehrlichkeit“ redete und die Bedeutung von „Partnern“ und „Verbündeten“ in der internationalen Diplomatie hervorhob. Ausdrücklich bedankte er sich bei seinen Mitarbeitern und dem amerikanischen Volk. Donald Trump erwähnte er mit keinem Wort.
Anstelle des früheren Öl-Managers wird Mike Pompeo, Chef des Auslandsgeheimdienstes CIA und seit langem Liebling des Präsidenten, die Führung des State Departement am 1. April übernehmen. Der ehemalige republikanische Kongress-Abgeordnete aus Kansas ist ein energischer Kritiker des Mullah-Regimes in Teheran. Den von Trumps Vorgänger Obama inspirierten Atom-Deal mit dem Iran hält er für eine „Katastrophe“.
Tillerson wollte den Job als Außenminister eigentlich nicht
Tillersons Rauswurf markiert das Ende eines Martyriums, das Washingtoner Beobachter seit der Stunde Null ratlos stimmte. „Ich wollte diesen Job nicht“, sagte der weißhaarige Geschäftsmann in einem Interview vor einem Jahr, „meine Frau sagte mir, ich solle ihn annehmen.“ Dienst am Vaterland, man kennt das.
Einmal in Washington angekommen, begann für den an klare Von-oben-nach-unten-Anordnungen gewöhnten Manager das Fremdeln. Zum einem mit einer Bürokratie, die er für überdimensioniert hält. Was mit ein Grund für seine schlechten Beliebtheitswerte im Außenministerium ist. „Er kommuniziert miserabel, schottet sich ab und lässt das Ministerium langsam ausbluten, indem wichtige Stellen einfach nicht mehr besetzt werden“, sagte ein ehemaliger US-Botschafter unserer Redaktion noch in der vergangenen Woche. Zum anderen fremdelte Tillerson mit einem Präsidenten, der Außenpolitik via Twitter gestaltet und Kabinettsmitglieder, die anders ticken, gern öffentlich demütigt.
Tillerson hatte für Diplomatie mit Nordkorea plädiert
Als Tillerson im vergangenen Herbst in der heißen Phase des Nordkorea-Konflikts mühsam Gesprächskanäle nach Pjöngjang freischaufelte und gebetsmühlenartig für eine friedliche Lösung warb, schoss Trump ihm einen gewaltigen Torpedo vor den Bug: Mit dem „kleinen Raketenmann“ (Kim Jong Un) zu verhandeln, sei brotlose Kunst. „Spar dir deine Energie, Rex!“, twitterte Trump, „wir werden tun, was getan werden muss.“
Vor diesem Hintergrund wirkt nach Einschätzung von US-Medien die am Dienstag verbreitete Erläuterung des Weißen Hauses „abseitig“ und „befremdlich“, Trump habe sich vor den möglicherweise bald beginnenden Nordkorea-Gesprächen an der Spitze des Außenministeriums neu aufstellen wollen.
Zum Bruch kam es im vergangenen Sommer. Tillerson bezeichnete Trumps nach lose ins Spiel gebrachten atomaren Aufrüstungspläne intern als „verfluchten Trottel“ und erwog frustriert seinen Rücktritt.
Tillerson blieb wohl nur aus Pflichtgefühl
Warum der Multi-Millionär bei der Stange blieb, erklärten informierte Kreise mit Pflichtgefühl. „Zusammen mit Verteidigungsminister James Mattis und Stabschef John Kelly ist Tillerson der Gegenpol zur Sprunghaftigkeit und Unberechenbarkeit des Präsidenten“, kommentierte die „Washington Post“.
„Wir haben es Männern wie Tillerson, Mattis und Kelly zu verdanken, dass unser Land nicht im kompletten Chaos versinkt“, sagte Bob Corker, Republikaner und Vorsitzender des einflussreichen Auswärtigen Ausschusses.
Geheimdienst CIA wird erstmals von einer Frau geführt
Mit Mike Pompeo (54) kommt nun das Anti-Konzept zu Tillerson an die Macht. Der Absolvent der Militärakademie West Point war Panzeroffizier und Unternehmer, was Trump per se beeindruckt. Zudem pflegt er im Amt als CIA-Chef eine Sprache, die keine Zurückhaltung verrät: Iran – Bedrohung für den Weltfrieden. Regimewechsel in Nordkorea – warum eigentlich nicht?
Seither hat Pompeo bei Trump ein Stein im Brett. Im Weißen Haus ist er darum entschieden häufiger als Gesprächspartner zu finden gewesen als Tillerson. In seinem neuen Amt, so Trump, werde der oft mit leicht blutunterlaufenen Augen anzutreffende Republikaner qua „Intellekt“ einen „fantastischen Job“ machen.
An seine Stelle bei der CIA rückt mit Gina Haspel zum ersten Mal eine Frau. Die 61-Jährige, derzeit Vize-Chefin, ist Menschenrechts-Organisationen seit langem ein Dorn im Auge. Nach den Terror-Anschlägen von El Kaida am 11. September 2001 leitete sie in Thailand ein Geheimgefängnis der CIA, in dem Terrorverdächtige gefoltert wurden. Deutsche Anwälte haben gegen die Frau, von der es bisher kein öffentliches Foto gab, im vergangenen Sommer beim Generalbundesanwalt Strafanzeige gestellt.