Berlin. Die Kommunen haben mit Kritik auf die Pläne der Bundesregierung reagiert, begrenzt Fahrverbote für Straßen mit besonders schlechter Luft zu ermöglichen. Die Grünen im Bundestag forderten stattdessen erneut die Nachrüstung von Dieselautos auf Kosten der Autoindustrie und eine Offensive für den öffentlichen Nahverkehr.
Am Wochenende waren Vorbereitungen des Verkehrsministeriums für mögliche „streckenbezogene Verkehrsverbote oder -beschränkungen“ bekannt geworden. Sie zielen auf besonders belastete Straßen. An diesem Dienstag wird ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zur Zulässigkeit von Fahrverboten erwartet.
„Bürokratischer Höllenjob“ für die Kommunen
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, sagte, die von der Regierung offenbar vorsorglich angepeilte Regelung werfe mehr Fragen auf, als sie löse. „Die Bundesregierung will jetzt offenbar den Städten die Entscheidung über Fahrverbote zuschieben, die dann für einzelne Straßen gelten sollen“, sagte Dedy.
Sein Kollege Gerd Landsberg vom Städte- und Gemeindebund nannte die Pläne einen „bürokratischen Höllenjob“ für die Kommunen. Sie würden dazu führen, dass Tausende Mitarbeiter Ausnahmeanträge bearbeiten müssten, es würden Tausende neuer Verkehrsschilder gebraucht. Letztendlich seien die Fahrverbote aber nicht kontrollierbar.
Geplant ist eine neue Rechtsgrundlage in der Straßenverkehrsordnung (StVO), mit der Verbote oder Einschränkungen für einzelne Straßen angeordnet werden können, wenn dort die Grenzwerte für Stickoxide überschritten werden. Dies ist bundesweit in 66 Städten regelmäßig der Fall. Größere Innenstadtbereiche können mit der Regelung offenbar nicht gesperrt werden.
Grüne wollen den Nahverkehr für einige kostenlos anbieten
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anton Hofreiter, sagte unserer Redaktion, die Bundesregierung rechne offenbar schon damit, dass es zu Fahrverboten kommen werde: „Union und SPD haben sich sehenden Auges in eine Sackgasse manövriert“, rügte er. Sie hätten bei der Luftreinheit „jahrelang krass versagt“ und die Kommunen mit dem Problem im Stich gelassen.
Hofreiter kündigte an, die Grünen würden in dieser Woche zwei Anträge in den Bundestag einbringen, in denen Maßnahmen für saubere Luft gefordert werden. Ein Antrag fordert exakt das, was die Bundesregierung schon in einem Brief an die EU-Kommission angekündigt hat: Fahrverbote auf bestimmten Straßen, den Probebetrieb von kostenlosem öffentlichen Nahverkehr sowie die technische Nachrüstung von Pkw, die zu viel giftiges Stickoxid ausstoßen.
Ein zweiter Antrag enthält ein Konzept für eine Reform des Nahverkehrs. Kern davon soll laut Hofreiter sein, dass Senioren, Eltern mit kleinen Kindern und sozial Schwächere öffentliche Verkehrsmittel kostenlos nutzen können. Ein „Deutschland-Takt“ solle für gute Anschlüsse ohne lange Wartezeiten sorgen. „Für die Finanzierung muss der Bund einen weitblickenden mutigen Schritt gehen: den Abbau der Dieselsubvention“, so Hofreiter.