Berlin

Keine Spur von Ruhe bei den Sozialdemokraten

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Theresa Martus

Berlin. Die Musiktipps, die Ralf Stegner jeden Morgen twittert, sind eine Art Seismograf. Für die Stimmung des SPD-Vizes, häufig für die Lage in seiner Partei. Am Sonntag ließ Stegner die Welt auf diesem Weg wissen, wie es sich gerade anfühlt, SPD-Politiker zu sein. Da twitterte er ein Lied mit Titel „We Were All Wounded at Wounded Knee“. Es geht darin um ein Massaker der US-Armee an den Lakota-Indianern 1890. Der Gedanke liegt nahe, dass Stegner Parallelen zur aktuellen Situation der SPD gesehen hat.

Denn die Partei kommt nicht zur Ruhe. Wie am Sonntag bekannt wurde, soll jetzt im Eilverfahren entschieden werden, ob Andrea Nahles, designierte Nachfolgerin des scheidenden SPD-Chefs Martin Schulz, den Parteivorsitz kommissarisch schon in der nächsten Woche übernimmt. „Wir werden am Dienstag eine Präsidiumssitzung der SPD haben und dort werden die weiteren Schritte beraten“, sagte Generalsekretär Lars Klingbeil am Sonntag. Nebenbei äußerte er sich über Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Strategie während der GroKo-Verhandlungen: „Einen Tag länger und sie hätten uns das Kanzleramt auch noch übergeben.“ SPD-Vize Manuela Schwesig sprach sich für einen schnellen Wechsel an der Parteispitze aus. „Ich unterstütze sehr, dass Andrea Nahles zügig den Vorsitz der SPD übernimmt“, sagte sie in der ARD.

Hilde Mattheis, SPD-Bundestagsabgeordnete und Vertreterin der Parteilinken, bekräftigte im „Tagesspiegel“ Forderungen nach einer Urwahl der Parteispitze. Es könne nicht sein, „dass der SPD-Vorsitz quasi unter der Hand vergeben und die Partei vor vollendete Tatsachen gestellt wird“. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz sagte dagegen in der ARD, die Wahl eines Vorsitzenden sei „die Sache eines Parteitages“.

Die Debatte über Personal und Posten hatte Noch-Parteichef Schulz beenden wollen, als er am Freitag erklärte, doch nicht ins Bundesaußenministerium zu streben. Nach der Bundestagswahl hatte er verkündet, auf keinen Fall Minister unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werden zu wollen. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass Schulz ins Außenministerium wechseln wollte – Parteikollege Sigmar Gabriel hätte jegliches Amt verloren. Der Wortbruch löste einen Furor an der Parteibasis aus.

Eventuell bekommt auch SPD-Vize Scholz noch Probleme. Er gilt als nächster Bundesfinanzminister, hatte aber im Dezember angekündigt, nicht als Minister nach Berlin wechseln zu wollen. Und was mit Gabriel wird, ist auch offen.

( tma )