Air Berlin ist seit dieser Woche Geschichte. Und Berlin wird die Folgen schon bald zu spüren bekommen
Es ist ein trauriger, ein emotionaler Abend gewesen: Am Freitag kam die letzte Air-Berlin-Maschine in Tegel an, ein Flug von München nach Berlin, mit einer Stunde Verspätung, empfangen um kurz vor Mitternacht von vielen, vielen Air-Berlin-Mitarbeitern auf dem Rollfeld, mit Wasserfontänen von der Flughafenfeuerwehr. Da hat dann auch wirklich jeder begriffen, dass eine Ära zu Ende geht. Es ist zum Heulen.
Die Folgen werden wir alle zu spüren bekommen. Zuallererst die Piloten, Flugbegleiter und das Bodenpersonal, die neue Jobs bei der Lufthansa, bei Eurowings, Easyjet und vielleicht anderen Airlines bekommen können, sicher aber zu wesentlich schlechteren Konditionen. Auf die Mitarbeiter der Air-Berlin-Verwaltung hofft der Berliner Senat. Denn dem gelingt es kaum, die Lücken, die in den Berliner Behörden durch die Pensionierungen entstehen, zu schließen. Vielleicht bietet sich für den ein oder anderen ja dort eine Chance – so schwer es fallen mag, denn Air-Berliner war man ja aus Überzeugung.
Für den Standort Berlin wird das Aus von Air Berlin aber auch große Folgen haben. Die Lufthansa, ja, die äußert sich auf einmal positiv über Berlin. So auch Lufthansa-Chef Carsten Spohr, der bei einem Vortrag im „Capital Club“ geradezu pathetisch von Berlin, von dem Kreis, der sich schließe, sprach. In Berlin war nämlich 1926 die Lufthansa gegründet worden. Nun, man hört das wohl, aber die einzige Airline, die sich in den vergangenen Jahren zu Berlin, zur deutschen Hauptstadt bekannt hat, war nun einmal Air Berlin – das zeigte schon der Namen. Ich erinnere mich gerne daran, wie hübsch das war, wenn in Florida die Busse mit großer Air-Berlin-Reklame an einem vorbeifuhren. Rot-weiß lackiert, „come to berlin“. Da war ich stolz – auf Berlin, auf die Fluglinie.
Air Berlin wollte am BER, am künftigen Hauptstadtflughafen, sein Drehkreuz errichten. 2012, als der BER eigentlich eröffnen sollte. Die Nicht-Inbetriebnahme hat Air Berlin sicherlich geschadet, sie ist aber nicht der Grund für die Insolvenz, glaubt man den Flugverkehrsexperten. Dafür hat das Air-Berlin-Management zu viele Fehler gemacht, viel zu teure und langfristige Verträge geschlossen, keine klare Linie verfolgt, ob man nun Ferienflieger oder Langstrecken-Anbieter oder alles auf einmal sein wollte. Die Tatsache, dass der BER aber immer noch nicht eröffnet ist, die hat auch Air Berlin geschadet – und schadet bis heute ganz Berlin.
Was wird nun aus dem BER? Jedenfalls kein Drehkreuz. Das sagt auch die Lufthansa in einer bemerkenswerten Klarheit. Es soll zwar mehr Verbindungen von Berlin aus geben, aber die Lufthansa wird – aus ihrer Sicht sogar verständlich – kein drittes Drehkreuz in Deutschland einrichten. Mit Frankfurt am Main und München hat die Lufthansa ihre Hubs, über die sie die Passagiere in die Welt schickt. Und uns Berliner dann auch. Wir werden uns also auf den Weg vom BER – so er denn irgendwann einmal eröffnet – nach Frankfurt oder München machen müssen, von dort fliegen wir dann nach Prag oder Warschau oder in die USA. „Provinzflughafen BER“, so kommentiert das schon der ehemalige Berliner Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU). Ich befürchte, er hat Recht.
Das Aus von Air Berlin ist deshalb nicht nur traurig, sondern ein großer Rückschlag für Berlin als Wirtschafts- und Flughafenstandort. Unser rot-rot-grüner Senat hat dazu übrigens nicht viel zu sagen. Als Air Berlin im August Insolvenz anmeldete, duckten sich alle – inklusive des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) – weg, dann wurde erfolglos für eine große Transfergesellschaft für die Air-Berlin-Mitarbeiter gekämpft, und nun hofft Müller auf die Lufthansa. „Ich denke dabei vor allem an internationale Direktverbindungen, und ich bin sicher, dass Lufthansa in der Stadt ihrer Gründung mit großer Intensität unternehmerische Kreativität entfalten wird“, sagte Müller zum letzten Air-Berlin-Flug. Es klingt wie das Pfeifen im Walde.