Verkehr in Berlin

In Berlin wird Deutschlands teuerste Autobahn gebaut

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Thomas Fülling
Der 3,2 Kilometer lange 16. Bauabschnitt der Stadtautobahn (A100) soll einmal vom bestehenden Autobahndreieck Neukölln bis zum Treptower Park führen

Der 3,2 Kilometer lange 16. Bauabschnitt der Stadtautobahn (A100) soll einmal vom bestehenden Autobahndreieck Neukölln bis zum Treptower Park führen

Foto: picture alliance / dpa

Mehr als über die Kosten wird in der Hauptstadt bis heute über den Sinn der A100-Verlängerung gestritten. Die Politik ist gespalten.

In Berlin wird an einem der umstrittensten, sicher aber teuersten Straßenprojekte der deutschen Geschichte gearbeitet. Für den nur 3,2 Kilometer langen 16. Bauabschnitt der Stadtautobahn (A100), der einmal vom bestehenden Autobahndreieck Neukölln bis zum Treptower Park führen soll, sind stolze 473 Millionen Euro veranschlagt. Jeder einzelne Meter Straße würde etwa 150.000 Euro kosten – ein bundesweit wohl einsamer Spitzenwert.

Doch noch mehr als über die Kosten wird in der Hauptstadt bis heute über den Sinn der A100-Verlängerung gestritten. Während die Befürworter vor allem auf die dringend notwendige bessere Verkehrserschließung der östlichen Bezirke von Berlin verweisen, sehen Kritiker darin ein Festhalten an einer einseitig aufs Auto ausgerichteten Verkehrspolitik aus den 60er-Jahren. Damals wurde ein zweiter, innerer Autobahnring geplant, der wegen der Teilung nur im Westen der Stadt gebaut werden konnte.

Verkehrspolitik von Dobrindt ist für Steuerzahler teuer

Debatte über das Projekt spaltet die Politik

Die Debatte über das Projekt spaltet seit Jahren auch die Politik: Während CDU und FDP – unterstützt von der heimischen Wirtschaft – sich stets für einen Weiterbau der A100 aussprachen, leisteten Grüne und Linke vehement Widerstand. Für die SPD sorgte das Thema 2010 gar für eine Zerreißprobe, am Ende setzten sich bei einem Parteitag die vom damaligen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit angeführten Bau-Befürworter knapp durch. Im Mai 2013 erfolgte dann tatsächlich der erste Spatenstich für das Bauprojekt. Seither wird intensiv und weitgehend geräuschlos gebaut, was in Berlin angesichts des Desasters am Großflughafen BER und den Pannen beim Bau der Staatsoper durchaus eine Ausnahme ist.

Der A100-Weiterbau erfolgt nicht in Regie eines privaten Investors oder Generalunternehmers, sondern ganz traditionell mit der „Bundesrepublik Deutschland“ als Bauherrn und Finanzier und der Berliner Senatsverwaltung für Verkehr als Bauleiter. Diese hat das Projekt in sieben Losen ausgeschrieben, die vom weitgehend fertigen 385 Meter langen Tunnel unter der Grenzallee in Neukölln (Los eins) bis zur noch nicht sichtbaren Anschlussstelle Treptower Park (Los sieben) reichen, an der die Autos dann auf die Elsenbrücke geleitet werden sollen. Dazwischen liegen jede Menge aufwendige und daher extrem teure Ingenieurbauwerke, wie etwa mehrere neue Brücken für die Ringbahnzüge der S-Bahn und den Fernverkehr oder ein unter der Fahrbahn liegender Stauraum, in dem Regenwasser aufgefangen werden soll. Denn die sechs-, im Bereich der Anschlussstelle Sonnenallee sogar achtspurige Autobahn (vier Fahrspuren pro Richtung) wird auf rund 2,3 Kilometer Länge – vor allem aus Lärmschutzgründen – durch einen bis zu sieben Meter tiefen Trog geführt.

Ein Meter Autobahn in Berlin für 130.000 Euro

Eine Straßenführung in Tunnellage (etwa unter dem Bahnhof Ostkreuz hindurch) sehen die Planer auch teilweise für das nächste Teilstück der Stadtautobahn vor. Der 17. Abschnitt soll einmal vom Treptower Park bis hinauf zur Storkower Straße führen. Ob dieses Vorhaben jemals realisiert wird, steht derzeit in den Sternen. Das Projekt steht zwar im Verkehrswegeplan des Bundes (der Bedarf ist damit gesetzlich festgestellt), doch konkretes Baurecht besteht nicht. Die aktuelle rot-rot-grüne Senatskoalition hat beschlossen, keinerlei Planungsvorbereitungen für den 17. Bauabschnitt durchzuführen. Der Abschluss des 16. Bauabschnitts (angekündigt für 2022) soll so gestaltet werden, dass er kein Präjudiz für den Weiterbau der A100 darstellt, heißt es in der Koalitionsvereinbarung weiter. Die jüngste Kalkulation geht für den vier Kilometer langen 17. Abschnitt von 531 Millionen Euro Baukosten aus. Geht diese Rechnung auf, würde ein Meter Autobahn in Berlin dann für 130.000 Euro zu haben sein.

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