Talkrunde
Einfach aufstehen und gehen: Denkwürdige Talkshow-Abgänge
In TV-Talkshows soll gestritten werden – um das beste Argument. Da kann es auch vorkommen, dass einer keine Lust mehr hat. Und geht. Kein Politiker saß so oft in Talkshows wie Wolfgang Bosbach. Doch am 12. Juli 2017 hatte der CDU-Politiker keine Lust mehr auf „Maischberger“. Er stand auf und ging mitten in der Sendung. Grund war die linke Politikerin Jutta Ditfurth, die sich während der Diskussion zu den G20-Krawallen in Hamburg nach Bosbachs Meinung „in geradezu unverschämter Weise“ zu Wort gemeldet hatte. „Herr Bosbach, bleiben Sie bitte bei uns“, versuchte Gastgeberin Sandra Maischberger noch, den Christdemokraten zu stoppen. Doch Bosbach war nicht mehr zu stoppen.
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„Ufos, Engel und Außerirdische“ lautete das Thema am 30. Oktober 2007 bei „Maischberger“. Mit dabei: Die schräg-schrille Rocksängerin Nina Hagen, esoterischen Ausflügen nie ganz abgeneigt. Dem ebenfalls zur Runde gehörenden ZDF-Wissenschaftsmoderator Jochen Bublath reichte es irgendwann. Nach heftigen Wortwechseln mit Hagen verließ er die Sendung. Hagen hatte sich überzeugt gezeigt, dass es Ufos gibt. Nachdem der promovierte Physiker Bublath das bezweifelt hatte, reagierte die Sängerin aufgebracht. „Mir wird schlecht, wenn ich neben solchen Menschen sitzen muss, die alles ins Lächerliche ziehen“, sagte sie und nannte Bublath ein „Alien-Geschöpf“. Daraufhin wechselte Nina Hagen den Sitzplatz. Nach etwa einer Stunde ging Bublath aus dem Studio.
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Nicht ganz freiwillig war der Abgang von Eva Herman am 9. Oktober 2007 aus der Talkshow "Johannes B. Kerner". Herman hatte in ihrem Buch „Das Prinzip Arche Noah“ die Familienpolitik im Nationalsozialismus thematisiert – in sehr umstrittener Weise. Kurz zuvor hatte der NDR der „Tagesschau“-Sprecherin deshalb gekündigt. Als sich Herman auch bei Kerner nicht von den Thesen distanzierte, begehrten die anderen Talkgäste Senta Berger und Margarethe Schreinemakers auf. Kerner bat die Autorin daraufhin, zu gehen. Herman kam diesem Wunsch dann auch umgehend nach.
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Bernd Lucke – er war früher Vorsitzender der AfD – ist heute kaum noch im Fernsehen zu sehen. Das war mal anders. Am 27. Februar 2014 etwa war Lucke zu Gast im „Studio Friedman“ beim Sender N24. Als Moderator Michel Friedman Lucke mehrfach mit Zitaten und Vorwürfen konfrontierte, bei denen es um rechtslastige Positionen der AfD ging, wurde es Lucke zuviel. „Diese Art der Diskussion geht nicht“, schnaubte er und verließ wütend das Studio.
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Die Autorin und Abtreibungsgegnerin Karin Struck saß am 3. Juli 1992 in der „NDR Talk Show“. Mit dabei auch Angela Merkel, damals Frauenministerin, und natürlich Moderator Wolf Schneider. Mit beiden geriet Struck aneinander, sie fiel ihren Mit-Diskutanten immer wieder ins Wort. „Keine allgemeinen Schwabbeleien“ fuhr sie beispielsweise Merkel an. Irgendwann flog ein Glas ins Publikum und Struck riss sich das Mikro samt Kabel vom Leib. Und stürmte aus dem Studio.
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Die vorerst letzte in der Reihe der Talkshow-Abgänge ist AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel. In der ZDF-Sendung „Wie geht’s, Deutschland?“ am 5. September 2017 passte ihr die Moderation von Marietta Slomka nicht. Und nachdem CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer Weidel dann aufgefordert hatte, sich von ihren Parteikollegen Alexander Gauland und Björn Höcke zu distanzieren, verließ sie die Runde ohne weitere Erklärung. Auf die Frage Slomkas „Gehen Sie jetzt?“ nickte Weidel und verließ eine gute halbe Stunde vor Ende der Sendung das Studio. Im Anschluss nannte sie die Moderatorin „parteiisch und vollkommen unprofessionell“.
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Streit gehört zu Talk-Shows dazu. Manchen Gästen wurde es aber zu bunt. Nicht nur AfD-Frau Alice Weidel rauschte aus dem Fernsehstudio.
Berlin.
CDU-Politiker Wolfgang Bosbach hat es schon getan, auch Moderatorin Eva Herman und Abtreibungsgegnerin Karin Struck. Sie alle haben eine Talkshow verlassen, weil sie keine Lust mehr auf die Debatte hatten. Die AfD-Politikerin Alice Weidel ist also nicht die erste.
Die Gründe für die plötzlichen Abgänge sind vielseitig. Mal wurden sie aufgefordert zu gehen (Eva Herrmann), mal gingen sie freiwillig (alle anderen). Die denkwürdigsten Abgänge zeigen wir in der Fotostrecke. (sdo/W.B)