BerliN. Nach der Verhaftungswelle gegen Oppositionelle und Journalisten in der Türkei hat im Bundestag eine ungewöhnliche Solidaritätsaktion begonnen: Mindestens 60 Abgeordnete aus allen Fraktionen übernehmen Patenschaften für verfolgte und bedrängte Parlamentarier in der Türkei – zunächst für die knapp 60 Abgeordneten der prokurdischen Partei HDP, die zum Teil inhaftiert sind.
Die Aktion solle als „Akt der Solidarität“ Öffentlichkeit herstellen und vor weiterer Verfolgung schützen, erklärten die Abgeordneten Michelle Müntefering (SPD), Frank Schwabe (SPD), Siri Kiziltepe (SPD), Sevim Dagdelen (Linke) und Tom Königs (Grüne) am Freitag. Schwabe sagte: „In der Türkei droht sich die Demokratie in eine Diktatur zu verwandeln.“ Die Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe, Müntefering, mahnte: „Wir können und dürfen uns nicht wegducken.“ Die Abgeordneten wollen die Verfolgung der Opposition sowohl bei Besuchen in der Türkei als auch in Deutschland thematisieren. Geplant sind auch Einladungen nach Deutschland und Besuche von inhaftierten Abgeordneten im Gefängnis.
Die Patenschaft für HDP-Chef Selahattin Demirtas haben die Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann (SPD), Anton Hofreiter (Grüne) und Sahra Wagenknecht (Linke) übernommen. Von Unionsseite beteiligt sich etwa der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses, Michael Brand. Die Verhaftungswelle in der Türkei geht unterdessen weiter: Am Freitag wurde der Herausgeber der Zeitung „Cumhuriyet“, Akin Atalay, bei der Einreise am Istanbuler Flughafen festgenommen. Am Dienstag reist Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in die Türkei, er will sich auch mit Oppositionspolitikern treffen.