Tel Aviv. „Ich verstehe alles auf Englisch, aber ich antworte auf Deutsch“, sagt Michael Müller. Der Regierende Bürgermeister ist auf seiner ersten Auslandsreise in Israel, und egal welche Sprache er spricht – hier hört man ihm zu. „Durch den Regierenden haben wir hier viele gute Termine bekommen“, freut sich Eric Schweitzer, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, der die begleitende Delegation in Tel Aviv anführt: 28 Unternehmer, außerdem Vertreter von Forschungseinrichtungen und Verbänden.
Eine hochkarätige Wirtschaftsvisite zu einem Zeitpunkt, an dem viele hier nur ein anderes Thema kennen: den Terror. Seit rund zwei Wochen wachen die Israelis jeden Morgen auf mit immer neuen Meldungen von Anschlägen und immer härteren Gegenmaßnahmen.
„Wir haben uns über die Sicherheitslage informiert“, sagt Müller, „die Botschaft hat uns empfohlen, dass wir reisen können.“ Am Sonntagabend stand die Feier von 25 Jahren deutscher Einheit und 50 Jahren deutsch-israelischer Beziehungen auf dem Programm.
Am heutigen Montag wird der Regierende Jerusalem und am Dienstag Ramallah besuchen, um dort politische Gespräche zu führen, doch am Sonntagmorgen geht es im Hotel „Dan Panorama“ in Tel Aviv erst einmal um die unternehmerischen Kontakte. Müller lobt die Vorzüge seines Heimatorts: „Nicht nur die Lebenshaltungskosten, sondern das ganze Umfeld.“ Doch tatsächlich sind die im Vergleich zu Israel so niedrigen Preise für Wohnungen oder Lebensmittel das Argument für einen Umzug nach Berlin. Etwa 20.000 Israelis leben wohl mittlerweile an der Spree.
In Gegenwart Müllers wurden in Tel Aviv Kooperationen zur Stammzellenforschung, zur erneuerbaren Energie und zwei Start-up-Austauschprogramme unterzeichnet. Während Berlin für das junge, bunte Deutschland steht, repräsentiert Tel Aviv das entspannte, säkulare Israel; vom Terror bekommt man meist kaum etwas mit. Die Israelis nennen die Stadt deshalb „die Blase“.
Beim Gespräch mit seinem Amtskollegen Ron Huldai standen andere Herausforderungen der Metropolen im Fokus: Wohnungsnot, Nahverkehr und das Flüchtlingsthema. Huldai: „Ich bewundere ihren Aufnahmewillen.“ Zuvor hatte Müller die Bialik-Rogosin-Schule besucht und sich über die Integration von 1200 Schülern aus 51 verschiedenen Ländern informiert. Dann hatte der Regierende noch kurzfristig einen Termin bei Staatspräsident Reuven Rivlin bekommen. Gesprächsthemen waren Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, aber auch die Sicherheitslage und die Flüchtlinge. „Die Atmosphäre war ausgesprochen angenehm“, sagte Müller danach.