München/KölN. Im Münchner NSU-Prozess ist eine Frau als Opfer und Nebenklägerin zugelassen, die nach Aussage ihres Anwalts „nach aktuellem Kenntnisstand“ gar nicht existiert. Er sei von einem anderen vermeintlichen Opfer des Bombenanschlags an der Kölner Keupstraße im Jahr 2004 getäuscht worden, ließ der Jurist Ralph Willms über seinen eigenen Rechtsbeistand mitteilen. Willms vertritt die offenbar erfundene Mandantin seit Beginn des NSU-Prozesses im Mai 2013. Laut „Spiegel Online“ soll er Anzeige erstattet und sein Mandat inzwischen niedergelegt haben – nach 233 Verhandlungstagen.
Die Angelegenheit war in dieser Woche vom Vorsitzenden Richter Manfred Götzl ins Rollen gebracht worden. Götzl hatte Willms aufgefordert, zu klären, wo sich seine Mandantin aufhält. Er habe mehrmals vergeblich versucht, sie als Zeugin zum Prozess zu laden.
Schlüsselfigur soll ein anderer Nebenkläger sein, der geltend macht, zu den Opfern des Kölner Nagelbombenanschlags vom 9. Juni 2004 zu gehören. Auch er ist im NSU-Prozess vertreten. Dieser Mann soll die offenbar nicht existente Frau als Mandantin an Rechtsanwalt Willms vermittelt haben. Willms ließ mitteilen, der Mann habe ihm ein Foto der Frau gezeigt. Dazu habe er die Auskunft erhalten, die Frau sei krank und halte sich in der Türkei auf. Ein persönlicher Kontakt sei nicht möglich.
Obendrein soll der Mann das Mandat gegen eine Provision vermittelt haben. Nun habe sich herausgestellt, dass er die Frau unter anderem Namen einem weiteren Anwalt andienen wollte. Dem habe er dasselbe Foto gezeigt. Das sei erst jetzt aufgefallen, wodurch die wohl betrügerischen Machenschaften entlarvt worden seien. Bei dem Kölner Bombenanschlag waren 22 Menschen teils schwer verletzt worden. Als Täter gelten die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Im NSU-Prozess muss sich Beate Zschäpe als mutmaßliche Mittäterin verantworten.