Kiew. Teilweiser Schuldenerlass bringt der Regierung eine Atempause
Nach monatelangem Ringen haben westliche Gläubiger der von der Pleite bedrohten Ukraine fast vier Milliarden Dollar Schulden erlassen. „Der von unseren Gegnern erwartete Staatsbankrott wird nicht stattfinden“, betonte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Donnerstag in Kiew. Die Regierung habe nach fünfmonatigen zähen Verhandlungen ein Abkommen mit einer westlichen Gläubigergruppe unterzeichnet, teilte Finanzministerin Natalia Jaresko mit. Demnach werden der krisengeschüttelten Ex-Sowjetrepublik 20 Prozent ihrer Verbindlichkeiten – rund 3,6 Milliarden US-Dollar (etwa 3,2 Milliarden Euro) – erlassen. Die Restschuld von etwa 15 Milliarden Dollar solle in einem Zeitraum von 2019 bis 2027 zurückgezahlt werden, hieß es.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die westlichen Geldgeber hatten Druck auf die Privatgläubiger gemacht, die kurzfristigen Verluste hinzunehmen, um die prowestliche Regierung nicht zu schwächen. Das Abkommen sieht einen einheitlichen erhöhten Zinssatz von 7,75 Prozent vor. Zuvor lag der Zinssatz bei 7,22 Prozent. Die Ukraine hatte die Schulden über Anleihen in Fremdwährungen gemacht. Kiew hatte einen Schuldenschnitt von 40 Prozent angestrebt. Eine Restrukturierung der Staatsschuld ist eine wichtige Voraussetzung für weitere Finanzhilfen des IWF.
Die Ukraine hofft, ähnliche Konditionen für einen russischen Kredit über drei Milliarden Dollar zu erhalten, der am 20. Dezember fällig wird. Mit den nun ausgehandelten Konditionen müsse sich auch Russland abfinden, forderte Jazenjuk. „Russland wird keine besseren Bedingungen als die restlichen Kreditgeber erhalten“, betonte er. Russlands Finanzminister Anton Siluanow erteilte eine Absage. Sein Land werde sich nicht an der Umstrukturierung der ukrainischen Schulden beteiligen, sagte er.
Die Wirtschaftsleistung der Ukraine war im ersten Halbjahr aufgrund des Krieges mit prorussischen Separatisten im Osten des Landes um 16,3 Prozent eingebrochen. Die Inflation lag im Juli bei 55,3 Prozent.
Neuer Anlauf für Waffenruhe
Unterdessen wollen das ukrainische Militär und die prorussischen Separatisten einen neuen Anlauf für eine Waffenruhe in der Ostukraine starten. Eine bereits Mitte Februar vereinbarte Feuerpause solle zum Schuljahresbeginn am 1. September in Kraft treten, sagte der OSZE-Vertreter in der Ukraine-Kontaktgruppe, Martin Sajdik, am Mittwoch. Dafür hätten sich alle Seiten bei einem Treffen der Gruppe in der weißrussischen Hauptstadt Minsk ausgesprochen.
Die Spannungen im Donbass hatten zuletzt zugenommen. US-Präsident Barack Obama rief Russland auf, mehr zu tun, um den Konflikt zu entschärfen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zeigte sich besorgt angesichts der zuletzt verstärkten Gewalt im Donbass. Fast täglich berichten die Konfliktparteien von Toten. Die Waffenruhe sei ein Schlüsselelement des vor mehr als einem halben Jahr vereinbarten Minsker Friedensplans, betonte Sajdik.
dpa