Politik

Gericht lehnt Entlassung der Zschäpe-Verteidiger ab

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Die Anwälte Anja Sturm (l-r), Wolfgang Stahl und Wolfgang Heer, wollen Beate Zschäpe nicht mehr verteidigen

Die Anwälte Anja Sturm (l-r), Wolfgang Stahl und Wolfgang Heer, wollen Beate Zschäpe nicht mehr verteidigen

Foto: dpa

Drei der Anwälte von Beate Zschäpe hatten die Entbindung von den Mandaten beantragt. Damit drohte der NSU-Prozess, neu aufgerollt zu werden.

Im NSU-Prozess hat das Oberlandesgericht München am Montag den Antrag der bisherigen drei Pflichtverteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe auf Entbindung von ihrem Mandat abgelehnt. Damit kann der bereits seit über zwei Jahren laufende Prozess fortgesetzt werden. Es gebe in dem Antrag keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine nachhaltig gestörte Zusammenarbeit der Verteidiger mit Zschäpe, befand das Gericht.

Die drei Verteidiger von Beate Zschäpe - Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm - hatten am Montag überraschend ihre Entbindung von ihren Pflichtmandaten beantragt und zugleich Vorwürfe gegen das Gericht erhoben. Eine „optimale Verteidigung“ sei nicht mehr möglich. „Ich habe Sie davor mehrfach gewarnt“, sagte der Anwalt Wolfgang Heer am Montag im Gerichtssaal. An den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl gewandt rief er: „Die haben Sie in den Wind geschlagen.“

Er habe sich diesen Schritt „weidlich überlegt“, sagte Heer weiter. Er sei sich darüber im Klaren, dass der Prozess damit neu begonnen werden müsste.

Das Gericht unterbrach die Verhandlung für eine halbe Stunde. Erst vor kurzem hatte das Gericht mit Mathias Grasel einen vierten Verteidiger bestellt.

Verteidiger müssen detaillierte Begründung vorlegen

Zschäpe wird seit dem ersten Prozesstag im Mai 2013 von Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm vertreten. Das Verhältnis Zschäpes mit diesen Verteidigern gilt seit langem als belastet, Zschäpe hatte bereits vor einem Jahr deren Entbindung beantragt.

Die Sprecherin des Oberlandesgerichts München, Andrea Titz, sagte, für eine Entpflichtung sei auch dann eine detaillierte Begründung notwendig, wenn die Verteidiger diese selbst beantragen. Allein die kürzlich erfolgte Berufung Grasels zum weiteren Pflichtverteidiger reiche nicht zur Begründung. Titz verwies darauf, dass das Gericht sowohl vor einem Jahr Zschäpes Antrag auf Entbindung aller drei Verteidiger als auch vor wenigen Wochen den Antrag auf Entbindung von Verteidigerin Anja Sturm zurückgewiesen habe. In der damaligen Entscheidung hatten die drei Verteidiger noch schriftlich Zschäpes Hinweise auf einen Vertrauensbruch als unbegründet zurückgewiesen.

Zschäpe ließ durchblicken, sie würde aussagen

Das Verhältnis Beate Zschäpes zu ihren drei Pflichtverteidigern schien zuletzt jedoch schon zerrüttet. In einem der Berliner Morgenpost vorliegenden handschriftlichen Schreiben der Angeklagten von Ende Juni an das Oberlandesgericht in München kritisierte die 40-Jährige massiv das Verhalten ihrer Anwälte. Für den Fall, dass sie die Verteidigungsstrategie ändern wolle, um zu einzelnen Anklagevorwürfen Angaben zu machen, hätten ihre Verteidiger angekündigt, die Aufhebung ihres Mandats zu beantragen.

In ihrem Schreiben ließ die Angeklagte zugleich durchblicken, dass sie bereit sei, sich zu bestimmten Anklagevorwürfen zu äußern. Allerdings sei dann eine Zusammenarbeit mit ihren Anwälten nicht mehr möglich.

Die Rechtsanwälte Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl sollen ihrerseits Beate Zschäpe vorgeworfen haben, immer wieder die Verteidigung gegenüber anderen Personen, wie beispielsweise dem Münchner Gerichtspsychiater Norbert Nedopil, zu kritisieren.

Anfang Juni kam Oberlandesgericht München Zschäpe dann in dem Streit entgegen und bestellte auf ihren Wunsch hin den Münchner Rechtsanwalt Mathias Grasel zum vierten Pflichtverteidiger.

Der NSU-Prozess hatte am 6. Mai 2013 begonnen und läuft damit seit mehr als zwei Jahren. Der Montag war der 219. Verhandlungstag. Der einzige Zeuge dieses Tages, der Zschäpe schon bei seiner ersten Vernehmung belastete, wurde zunächst nicht aufgerufen. Zschäpe muss sich in dem Verfahren für die zehn Morde verantworten, die die Bundesanwaltschaft dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) vorwirft.