Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat angesichts vehementer Forderungen aus der CSU nach einem Euro-Austritt Griechenlands Mäßigung verlangt. „Jeder sollte die Worte sehr wägen“, sagte sie am Sonntag im Sommerinterview der ARD. Europa sei derzeit in einer sehr entscheidenden Phase der Bekämpfung der Euro-Krise. „Wir haben füreinander in Europa Verantwortung, Europa ist nicht nur eine monetäre Union, sondern es ist eine politische Gemeinsamkeit, die viele Jahrzehnte für Frieden gesorgt hat.“ Deshalb müsse man „sehr achtsam umgehen, wenn man weiß, was im Augenblick in Griechenland an Veränderungen notwendig ist“.
Wenn von den Griechen Verlässlichkeit eingefordert werde, müssten diese sich auch darauf verlassen können, „dass wir auf den Bericht der Troika warten, bevor wir ein Urteil fällen“, sagte Merkel.
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hatte zuvor mit Äußerungen über einen womöglich schon 2013 bevorstehenden Euro-Austritt Griechenlands die Debatte über den Kurs in der Euro-Krise erneut angeheizt. Merkel hatte noch am Freitag bei einem Treffen mit dem griechischen Regierungschef Antonis Samaras versichert, dass Griechenland Teil des Euroraums bleiben solle.
Vor weiteren Entscheidungen Bericht der Troika abwarten
Die Kanzlerin bekräftigte wie nach ihrem Treffen mit dem Athener Ministerpräsidenten Antonis Samaras am Freitag, dass den Worten für eine Umsetzung der Sparauflagen Taten folgen müssten. Vor weiteren Entscheidungen solle der Bericht der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) dazu abgewartet werden. Darauf hätten die Griechen auch einen Anspruch. Merkel betonte, Deutschland wolle helfend zur Seite stehen. Sie habe den Eindruck, dass Samaras sich ernsthaft bemühe. Mit Blick auf die Reformanstrengungen der Griechen sagte die Kanzlerin, in den vergangenen zweieinhalb Jahren sei viel Vertrauen verloren gegangen. Deshalb zähle „jetzt jeder Tag, um die Anstrengungen wirklich zu verstärken und die Zusagen wirklich umzusetzen“. Zu möglichen Zugeständnissen an Athen äußerte sich Merkel nicht.
Die Kanzlerin sagte Bundesbankchef Jens Weidmann ausdrücklich Unterstützung zu. Sie finde es gut, wie er immer wieder auch die Politik mahne. Dass es in der EZB Diskussionen um die Einsetzung von Kriseninstrumenten gebe, sei nicht ungewöhnlich, dies geschehe auf EU-Gipfeln auch. Merkel sagte, dass sie Weidmann ungeachtet der Unabhängigkeit der EZB „den Rücken stärke, dass er auch möglichst viel Einfluss in der EZB hat“. Dafür, dass der IWF möglicherweise aus den Rettungsbemühungen ausscheide, habe sie keine Indizien.
Zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 12. September über Klagen gegen den Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin und den künftigen Euro-Rettungsschirm ESM sagte Merkel, sie habe diese nötigen Instrumente „nach bestem Wissen und Gewissen“ verhandelt.
Vizekanzler Rösler bleibt hart: Nicht mehr Zeit
Vizekanzler und FDP-Chef Philipp Rösler bekräftigte zugleich die Position, dass es keine zeitliche Streckung der Sparauflagen geben solle. Er lehnte es unabhängig vom Troika-Bericht ab, die Frist für Athen zur Umsetzung der Reformen zu verlängern. „Mehr Zeit bedeutet mehr Geld“, betonte der FDP-Chef und begab sich damit auf die Linie von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Den umstrittenen Satz, er könne sich einen Ausstieg Griechenlands aus der europäischen Gemeinschaftswährung vorstellen, wiederholte der FDP-Chef in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ am Sonntag nicht. Im Gegenteil: Verbunden mit der Forderung nach mehr Gegenleistung sagte er lediglich: „Ein Verbleiben Griechenlands in der Eurozone wäre wünschenswert.“
CSU für Ausstieg und „Marshallplan”
Das kann es aus Sicht von Dobrindt nicht geben. Nach einem „geordneten Austritt“ solle das Land lieber mithilfe eines „Marshallplans“ wirtschaftlich wieder aufgebaut werden und dann die Möglichkeit haben, in die Eurozone zurückzukehren, sagte er. Bei Europapolitikern seiner Partei stieß der CSU-Generalsekretär mit diesen Aussagen auf Widerspruch. „Das Gerede muss aufhören, dass Griechenland raus müsse aus der Eurozone“, sagte der Vorsitzende der CSU-Gruppe im EU-Parlament, Markus Ferber, der „Welt am Sonntag“.