Ein Staatsbankrott Griechenlands immer wahrscheinlicher. Die wichtigsten Geldgeber des Landes, allen voran Deutschland, sind nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ nicht mehr bereit, der Regierung in Athen über die bisherigen Zusagen hinaus zu unterstützen. Das Gleiche gelte für den Internationalen Währungsfonds (IWF). Damit werde eine Pleite Griechenlands im September wahrscheinlicher.
Zuvor hatte bereits das Magazin „Der Spiegel“ berichtet, dass sich der IWF nicht an weiteren Hilfen beteiligen wolle.
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hält einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone angesichts der Lage nicht mehr für unwahrscheinlich.
Im Sanierungsprogramm der Griechen klafft laut „Süddeutscher Zeitung“ erneut ein Loch in zweistelliger Milliardenhöhe. Grund sei, dass während des Dauer-Wahlkampfs im Frühjahr fast alle Reformvorhaben liegen geblieben seien.
Außerdem entstehe durch die von der neuen Regierung geforderte verlängerte Zeitspanne zur Umsetzung der Reformen ein erhöhter Finanzbedarf. Die im zweiten EU-Hilfspaket zugesagten Kredite in Höhe von 130 Milliarden Euro reichten somit nicht mehr aus. Samaras muss entweder, entgegen aller Wahlversprechen, noch mehr sparen; oder aber die Euro-Partner müssten weitere Darlehen im Umfang von bis zu 50 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Kaum ein Land ist jedoch dazu bereit.
Die „Süddeutsche“ zitierte aus Berliner Regierungskreisen, es sei „undenkbar, dass Kanzlerin Angela Merkel noch einmal vor den Bundestag tritt und um Zustimmung für ein drittes Griechenland-Paket bittet“. Tatsächlich hatte sie bei den jüngsten Parlamentsbeschlüssen zur Schuldenkrise schon Schwierigkeiten gehabt, die Koalition weitgehend geschlossen hinter sich zu vereinen. Auf ein weiteres Mal wird sie es – gerade im Fall Griechenland – kaum ankommen lassen.
Schäuble will Griechen nicht mehr Zeit geben
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich indirekt dagegen aus, Griechenland mehr Zeit einzuräumen. „Wenn es Verzögerungen gegeben hat, muss Griechenland diese aufholen“, sagte er der Zeitung „Bild“.
Eine Prognose zum Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone lehnte Schäuble ab. „Ich werde der „Troika“ nicht vorweggreifen. Wenn der „Troika“-Bericht vorliegt, wird die Euro-Gruppe beraten.“
Zugleich wies Schäuble jeden Vergleich der Lage Spaniens mit der Griechenlands zurück. „Die Ursachen für die Krisen der beiden Länder sind völlig verschieden. Spaniens Wirtschaft ist viel leistungsfähiger und hat eine andere Struktur. Das Land wird schnell wieder vorankommen.“
Derzeit untersucht die „Troika“ aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und IWF, inwieweit das Land seinen Reformverpflichtungen nachkommt. Athen hofft auf Geldspritzen im August und September in Höhe von 12,5 Milliarden Euro.
Die griechische Koalitionsregierung war im Juni mit dem festen Ziel angetreten, die Fristen der für die Milliardenhilfen auferlegten Sparauflagen neu zu verhandeln. Ziel ist es, die von den Geldgebern geforderten Sparmaßnahmen über 11,5 Milliarden in den Jahren 2013 und 2014 auf die Jahre 2015 und 2016 zu verteilen.
Auch der „Spiegel“ hatte berichtet, dass nach Schätzungen der „Troika“ zusätzliche Hilfen zwischen 10 und 50 Milliarden Euro gebraucht würden, sollten die Griechen mehr Zeit bekommen. Viele Regierungen der Euro-Zone seien jedoch nicht mehr bereit, neue Lasten zu schultern. Zudem hätten Länder wie die Niederlande und Finnland ihre Hilfen daran gekoppelt, dass sich der IWF beteiligt.
Die Bundesregierung sagte dagegen am Montag, sie habe keine Signale vom IWF erhalten, wonach er die Zahlungen einstellen wolle. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte, es gebe keine Verlängerung des Anpassungsprogramms für Griechenland. Es gebe keine Rabatte auf Reformen.
Rösler spricht über EU-Austritt
Für Rösler hat ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone „längst seinen Schrecken verloren“. Zwar müsse zunächst der „Troika“-Bericht abgewartet werden. Er sei aber mehr als skeptisch, dass Athen die Auflagen erfüllen könne, sagte Rösler am Sonntag im ARD-Sommerinterview.
„Wenn Griechenland seine Auflagen nicht mehr erfüllt, dann kann es keine weiteren Zahlungen geben.“ Griechenland sei dann zahlungsunfähig und vielleicht kämen die Griechen dann von selbst darauf, auszutreten. Im Übrigen wünschten sich auch viele Griechen mittlerweile die Drachme als nationale Währung zurück.
Märkte brechen ein
Die Spekulationen über den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone und Sorgen um Spanien schickten die europäischen Aktienmärkte am Montag auf Talfahrt. Der Dax fiel am Vormittag bei anziehenden Umsätzen um 1,4 Prozent auf 6538 Punkte, der EuroStoxx gab um 1,8 Prozent auf 2196 Zähler nach. Noch stärker erwischte es die Börsen in Madrid und Mailand, wo die Kurse im Schnitt um drei bis über vier Prozent absackten. Die Anleger warfen auch spanische und italienische Anleihen aus ihren Depots, was deren Renditen entsprechend in die Höhe trieb. Der Euro rutschte erstmals seit zwei Jahren wieder unter die Marke von 1,21 Dollar.
„Die Schuldenkrise hat sich mit voller Wucht zurückgemeldet“, fasste ein Händler zusammen. „Vor allem die Diskussion um weitere Finanzhilfen für Griechenland ist heute in aller Munde“, sagte ein anderer. Auch die Finanzprobleme der spanischen Provinzen trügen nicht gerade zur Beruhigung bei. Der Kurs zehnjähriger spanischer Staatsanleihen brach um 1,96 Zähler ein, was die Rendite auf 7,59 Prozent trieb – dem höchsten Niveau seit der Einführung des Euro 1999. Auch die italienische Anleihen gerieten unter Druck. Die Rendite der Zehnjährigen kletterte auf 6,4 Prozent und lag damit so hoch wie zuletzt im Januar. Im Gegenzug fielen die Renditen der vergleichbaren deutschen Bundesanleihe auf ein Rekordtief von 1,13 Prozent.