Die FDP-Europaabgeordneten Silvana Koch-Mehrin ist ihren Doktortitel los. Die Universität Heidelberg entzieht ihr nach mehrwöchiger Prüfung von Plagiatsvorwürfen den akademischen Grad.
Die Universität Heidelberg entzieht der FDP-Europaabgeordneten Silvana Koch-Mehrin den Doktortitel. Dies teilte die Universität am Mittwoch nach mehrwöchiger Untersuchung der Plagiatsvorwürfe gegen die Politikerin mit. Das geprüfte Material belege eindeutig, das die im Jahr 2000 von Koch-Mehrin vorgelegte Doktorarbeit „in substanziellen Teilen aus Plagiaten besteht“. Auf rund 80 Textseiten der Dissertation fänden sich mehr als 120 Stellen, die nach Bewertung des Promotionsausschusses als Plagiate zu klassifizieren sind.
Laut Recherchen der Internet-Plattform Vroniplag finden sich in der Dissertation der FDP-Politikerin auf 63 von 201 reinen Textseiten (ohne Inhalts- und Literaturverzeichnis) unterschiedlich schwerwiegende Plagiate. Auf der Plattform - ein sogenanntes "Wiki", dessen Nutzer Inhalte lesen und auch bearbeiten können - wurden von einer Vielzahl von Internet-Nutzern mutmaßliche Plagiate in der Dissertation untersucht. Ursprünglich war Vroniplag eingerichtet worden, um die Dissertation "Regulierung im Mobilfunk" von Veronica Saß zu untersuchen, Tochter des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber.
Vroniplag legt dabei die selben Maßstäbe an wie das Wiki GuttenPlag , dessen Veröffentlichungen letztlich zum Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) führten. Dabei werden angeblich kopierte Passagen aus Koch-Mehrins Dissertation und die mutmaßlichen Originale gegenübergestellt. Die Verdachtsfälle werden untersucht, mutmaßliche Plagiate anschließend abhängig vom Ausmaß der angeblichen Kopie in verschiedene Klassen eingeteilt, vom "Komplettplagiat" über die "Verschleierung" (umformulierte Orginialtexte, deren Urheber nicht angegeben wurden) bis hin zum "Bauernopfer" (der Urheber wird nur für einen unbedeutenden Textteil ausgewiesen, während wesentliche Passagen ohne Nennung übernommen wurden).
Der aktuelle Stand bei Vroniplag datiert vom 6. Mai: Auf 63 Seiten finden sich demnach Plagiate, ein Anteil von 31,34 Prozent. In einem Zwischenbericht vom 19. April (PDF), in dem noch von 56 Seiten mit mutmaßlichen Kopien die Rede ist, hatten die Macher von Vroniplag die Vermutung geäußert, Koch-Mehrin habe bewusst getäuscht: "Die zahlreichen textuellen Anpassungen der Plagiate sowie die Tatsache, dass Plagiate über die gesamte Dissertation hinweg zu ?nden sind, lassen darauf schließen, dass die Textübernahmen kein Versehen waren, sondern bewusst getätigt wurden." Demnach hat sich Koch-Mehrin bei 15 verschiedenen Quellen bedient. Dabei handele es sich "auffallend häu?g um Artikel aus Handbüchern der Wirtschaftswissenschaft und der Wirtschafts- und Sozialgeschichte".
AFP/cb