Staatskonzern betroffen

Schweden kritisiert deutschen Atomausstieg

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Regierung will Atomausstieg bis 2022

Die Koalition hat sich geeinigt: Bis 2022 soll der letzte Atommeiler vom Netz. Für Notfälle sollen aber ein bis zwei alte AKW auf Stand-By bleiben.

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Deutschland soll, so plant es die Bundesregierung, bis 2022 Atomkraft abschaffen. Das sieht Schwedens Regierung kritisch. Der Staat Schweden ist vom deutschen Atomausstieg direkt betroffen: Ihm gehört der Energiekonzern Vattenfall, der zwei AKW in Deutschland betreibt.

Schwedens Regierung steht dem nun bis 2022 geplanten Atomausstieg in Deutschland kritisch gegenüber. Umweltminister Andreas Carlgren sagte im schwedischen Rundfunksender SR, die Bundesregierung lege sich „betont hart auf eine Datum fest“. Weiter meinte er: „Damit riskiert man, die allerwichtigste Frage außer Acht zu lassen, nämlich wie wir möglichst schnell erneuerbare Energie ausbauen können.“ Nur so könne man zugleich die Abgängigkeit von Atomstrom wie auch negative Klimaveränderungen vermindern. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte, der Atombeschluss der Bundesregierung sorge international für Gesprächsbedarf.

Die schwarz-gelbe Koalition hatte zuvor nach sieben Monaten ihre im Herbst 2010 beschlossene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke wieder einkassiert. Der Koalitionsausschuss einigte sich in der Nacht zu Montag darauf, die Kernkraftwerke in Deutschland bis spätestens 2022 stillzulegen. Die sieben ältesten derzeit abgeschalteten Atomkraftwerke und das Kernkraftwerk Krümmel sollen nicht wieder ans Netz gehen. Die Brennelementesteuer bleibt erhalten.

Die Mitterechts-Regierung in Stockholm hatte im letzten Sommer den nach einer Volksabstimmung 1980 beschlossenen Atom-Ausstieg Schwedens aufgehoben. Danach sind jetzt wieder Neubauten als Ersatz für die Stilllegung von einem der derzeit zehn Atomreaktoren möglich.

Dazu meinte Carlgren, Schweden sei beim Einsatz erneuerbarer Energien „sehr viel weiter“ als Deutschland. Die Berliner Entscheidung vom Sonntag sei „innenpolitisch“ motiviert. Wer bei der Energiepolitik nicht rechtzeitig handele, bekomme „ruckhafte Entscheidungen, die im Grunde unglücklich für das Land sind“.

Als alleiniger Eigner des Energiekonzerns Vattenfall ist der schwedische Staat vom deutschen Atomausstieg auch direkt betroffen. Das Unternehmen betreibt die beiden norddeutschen Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel. Eine Unternehmenssprecherin bei Vattenfall wollte die Entscheidung der Bundesregierung nicht kommentieren, weil sie „noch vorläufig“ sei.

Außenminister Westerwelle sieht nach der Ankündigung des Atomausstiegs international Gesprächsbedarf. Die schwarz-gelbe Koalition habe sich entschieden, „das Zeitalter der erneuerbaren Energien nicht nur zu eröffnen, sondern es auch sehr viel schneller zu erreichen“, sagte Westerwelle bei einem Besuch in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. „Das braucht natürlich auch in der Außenpolitik noch manches Gespräch.“ Schließlich sei man „nicht überall auf der Welt“ der gleichen Auffassung in der Frage. Die deutsche Entscheidung sei dennoch richtig.

Der Ausstieg aus der Atomkraft wird nach Einschätzung Westerwelle der deutschen Wirtschaft neue Exportchancen eröffnen. Deutschland habe im Bereich der erneuerbaren Energien heute schon die „absolute Technologieführerschaft“, sagte Westerwelle: „Wenn wir es richtig machen, werden wir weltweit – auch hier nach Indien – unsere Technologien exportieren können.“ Der Schritt könne damit auch ein „wirtschaftlicher Exportschlager“ werden. Das Thema Energie wird bei Westerwelles Gesprächen in Indien eine wichtige Rolle spielen.

Westerwelle hält sich zur Vorbereitung der ersten deutsch-indischen Regierungskonsultationen in Neu Delhi auf. Dazu werden am Dienstag Bundeskanzlerin Angela Merkel und vier weitere Minister in der indischen Hauptstadt erwartet. Das 1,2-Milliarden-Einwohner-Land ist die größte Demokratie der Welt und gehört zu Deutschlands wichtigsten Partnerstaaten in Asien.

( dapd/dpa/dino )