Trotz Protesten und juristischer Auseinandersetzungen sind in der Innenstadt von Frankfurt am Main umstrittene radikal-islamistische Prediger öffentlich aufgetreten. Mehr als 1500 meist jüngere Menschen waren nach Polizeiangaben auf den abgesperrten Platz in der Nähe der Hauptwache gekommen, um die Kundgebung mit dem Titel „Islam – die missverstandene Religion“ zu verfolgen.
Getrennt nach Männern und Frauen verfolgten sie zunächst die Rede des umstrittenen salafistischen Konvertiten Pierre Vogel, anschließend sprach der als Hassprediger kritisierte und von den Veranstaltern als Überraschungsgast angekündigte Abu Ameena Bilal Philips.
„Wer eine Stelle findet, wo ich zu Hass aufrufe, dem schenke ich 1000 Euro“, sagte Vogel zu Beginn. Zunächst sprach er auf Arabisch, dann auf Deutsch, anschließend übersetzte er den Vortrag des in Jamaika geborenen und in Kanada aufgewachsenen Philips aus dem Englischen.
Zu Zwischenfällen kam es nach Polizeiangaben nicht. Rund 500 Menschen demonstrierten vor der Absperrung gegen die Kundgebung. Die Grünen, antifaschistische Gruppen und die rechtsextreme NPD hatten unabhängig voneinander dazu aufgerufen.
Juristischer Streit bis kurz vor Veranstaltungsbeginn
Erst kurz vor Beginn der für 18 Uhr geplanten Veranstaltung hatte der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel grünes Licht für die Kundgebung gegeben. Er wies in zweiter Instanz die Beschwerde der Stadt Frankfurt gegen einen Beschluss des Verwaltungsgericht zurück und ermöglichte die Veranstaltung, allerdings mit den 16 in der ersten Instanz erlassenen Auflagen. Das Frankfurter Ordnungsamt hatte die Kundgebung am Dienstag verboten.
Die als Hassprediger kritisierten Redner dürfen nach den Auflagen der Gerichte „nur solche Reden, Sprechchöre und Transparente zulassen, die den öffentlichen Frieden wahren“, heißt es in der Mitteilung des Verwaltungsgerichts. „Die Aufstachelung zum Hass gegen Bevölkerungsgruppen oder zu Gewalt oder Willkürmaßnahmen wird untersagt.“ Die Trennung der Teilnehmer nach Geschlechtern darf dem Beschluss zufolge „nicht zwangsweise durchgesetzt werden“. Und: „Die Menschenwürde anderer darf nicht dadurch verletzt werden, dass Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden.“
Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) hatte schon vor den Entscheidungen der Gerichte angekündigt: „Sollten die Sicherheitsbehörden während der Veranstaltung Verstöße gegen Recht und Gesetz feststellen, wird die hessische Polizei mit aller Konsequenz durchgreifen.“
Ausweisungsverfügung für Philips
Abu Ameena Bilal Philips hat in der Vergangenheit unter anderem die Todesstrafe für Homosexuelle gefordert. Der Grünen-Politiker Volker Beck hatte die Bundesregierung bereits vor der Kundgebung aufgefordert, die Einreise des Mannes zu verhindern. Innenminister Rhein hatte dies unterstützt.
Am Abend nach der Kundgebung übergab die Polizei Philips eine Ausweisungsverfügung der Frankfurter Ausländerbehörde, teilte Polizeisprecher Jürgen Linker mit. Philips habe um 21.40 Uhr in Begleitung Vogels das Frankfurter Polizeipräsidium verlassen und müsse innerhalb von drei Tagen aus Deutschland ausreisen.
Salafistische Prediger wie Philips und der deutsche Konvertit Vogel tragen nach Einschätzung von Rhein und dem Landesamt für Verfassungsschutz zur Radikalisierung junger Muslime bei.
Der Attentäter vom Frankfurter Flughafen sei insbesondere über solche Internetseiten und Videos radikalisiert worden. Der 21-Jährige hatte am 2. März zwei US-Soldaten erschossen und zwei schwer verletzt. Die Salafisten streben nach Darstellung des Verfassungsschutzes in letzter Konsequenz einen islamischen Gottesstaat an, in dem wesentliche Grundrechte und Verfassungspositionen keine Geltung haben sollen. Im Einzelfall akzeptieren sie dabei auch den Einsatz von Gewalt.
Die von Vogel vertretende Glaubenslehre ist nach diesen Erkenntnissen als „demokratiefeindlich einzustufen und verstößt mit ihren Thesen gegen den Gedanken der Völkerverständigung und des Gleichheitsgrundsatzes“.