Baden-Württembergs ehemaliger Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hält den Bahnhofsbau in Stuttgart für ein Muss. „Ich glaube, aus der europäischen Betrachtung, dass für Baden-Württemberg diese Maßnahme ein ganz klarer Vorteil ist“, sagte Oettinger Morgenpost Online. „Es gibt eine Achse West–Ost in Europa, von Paris nach Wien. Und da ist Baden-Württemberg entweder dabei – oder sauber umfahren.“
Die Umfahrung über Frankfurt und Würzburg sei fast fertig, betonte der EU-Energiekommissar weiter. „Deshalb ist es für die Integration weiter Teile Baden-Württembergs nach Nord und Süd ein Muss. Ich bin optimistisch, dass die Baden-Württemberger das auf Dauer verstehen werden.“ Die Gegenwehr sei im Kern ähnlich wie bei der Startbahn West in Frankfurt vor vielen Jahren. „Vielleicht kommt die Akzeptanz erst dann, wenn die Infrastruktur eingeweiht ist.“ Planungs- und Bauzeiten seien extrem lang. Oettinger: „Daher erlebt die Generation, die die Entscheidung erleben durfte, oftmals den Nutzen nicht mehr.“
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der ebenfalls an den Plänen festhält, sagte indes zu den Protesten beim geplanten Großflughafen Berlin-Brandenburg International (BBI), dass er nicht mit einem zweiten Stuttgart 21 rechnet. Dort gibt es einen Streit über die Flugrouten, die Bürgerinitiativen ändern wollen, weil sie Wohngebiete tangieren.
Ramsauer rügte die Deutsche Flugsicherung (DFS), die eine Prüfung anregte, ob Berlin zumindest zwischen 22 und sechs Uhr umflogen werden könne. Dazu sagte Ramsauer, die DFS solle statt zu viel Medienarbeit besser „Sacharbeit“ machen. Er plädierte dafür, bei den vor Jahren festgelegten Routen zu bleiben. „Über deren Genehmigung muss die Fluglärmkommission entscheiden“, sagte er. Und dafür müssten eben die alten Flugrouten als Basis dienen.
Der Minister zeigte einen Prospekt von 1998 mit dem Titel „BBI Flugkorridore“. Er bezweifelte, dass die anvisierten Doppelstarts auf dem Hauptstadtflughafen überhaupt nötig sind. Ramsauer glaubt jedenfalls, dass das Flugaufkommen auf dem Flughafen für geraume Zeit noch ohne diese Maßnahme abgefertigt werden kann. Zugleich kritisierte er auch Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der als BBI-Aufsichtsratschef schon lange in die Planungen einbezogen sei. Ramsauer merkte an, dass sich Wowereit deshalb jetzt nicht auf die Seite der Flugroutengegner schlagen sollte.
In Baden-Württemberg wird es voraussichtlich keine Volksabstimmung über Stuttgart 21 vor der Landtagswahl im März 2011 geben. Der baden-württembergische Landtag lehnte den Antrag der SPD-Fraktion ab. Heute trifft sich wieder der Runde Tisch von Bahnprojekt-Befürwortern und -gegnern.