Anti-Atomkraft-Protest

Zusatz-Polizisten aus Berlin an der Castor-Strecke

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Gewerkschaft warnt vor Überlastung

Die Gewerkschaft der Polizei warnt vor einer Überlastung der Beamten im Castor-Einsatz.

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500 Berliner Polizisten sollten helfen, den Castor-Transport im Wendland abzusichern. Doch 200 weitere wurden bereits nachgefordert. Mindestens 20 Millionen Euro kostet der Einsatz das Land Niedersachsen. Es gibt Streit um die Kostenverteilung.

700 Berliner Polizisten sind im Wendland bei den Massenprotesten gegen den Castor-Transport im Einsatz. Das sagte ein Polizeisprecher. Ursprünglich waren 500 Beamte für den Transport verpflichtet gewesen, aufgrund der angespannten Lage wurden dann aber weitere Kräfte aus der Hauptstadt nachgefordert.

Nach Gewerkschaftsangaben sind insgesamt 20.000 Polizisten aus allen Bundesländern während des Transportes im Einsatz. 1300 Kräfte seien bereits zusätzlich angefordert worden. Der Castor-Transport ins Zwischenlager Gorleben wird von Gleisblockaden, massiven Protesten und gewaltsamen Ausschreitungen begleitet.

Der Einsatz von mehr als 16.000 Polizeibeamten für den bereits seit vier Tagen laufenden Transport hochstrahlenden Atommülls von Frankreich nach Gorleben könnte den Steuerzahler nach Einschätzung der Deutschen Polizeigewerkschaft bis zu 50 Millionen Euro kosten. Niedersachsen beziffert allein die direkten Einsatzkosten auf 20 bis 25 Millionen Euro.

Trotz Protests aus Niedersachsen soll das Land die Kosten für den riesigen Polizeieinsatz zur Sicherung des Castor-Transports alleine tragen. „Die Bundesregierung sieht derzeit keinen Anlass, die Verteilung der Kosten zu ändern“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Damit wies er Forderungen der niedersächsischen Landesregierung nach finanzieller Unterstützung zurück. Bayern bürstete die Idee ebenfalls ab.

Bayerns Innenminister würde am liebsten Demnonstranten bezahlen lassen

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) hatte am Wochenende darauf verwiesen, dass das Land mit der Sicherung des Transports eine Aufgabe für die gesamte Nation erfülle. Doch gebe es im Kreis der 16 Bundesländer wenig Solidarität. Das Land beruft sich auf Artikel 106 des Grundgesetzes, wonach Sonderlasten umgelegt werden.

Regierungssprecher Seibert betonte jedoch, die Kostenverteilung sei nach bestimmten Kriterien festgelegt worden und solle nicht geändert werden. Auch das Innenministerium erklärte, das Verfahren für derartige Schwerpunkteinsätze sei seit Jahren gleich. Es gelte zum Beispiel auch für das „demonstrative Geschehen“ am 1. Mai in Berlin.

„Die einsatzbedingten Kosten werden durch das Land getragen, in dem der Einsatz stattfindet“, sagte Ministeriumssprecher Stefan Paris. „Dieses Prinzip hat sich seit Jahren bewährt und wir sehen keinen Anlass, davon abzurücken.“

Ähnlich argumentierte auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Die Kosten für derartige Großeinsätze glichen sich über ein oder mehrere Jahre hinweg zwischen den Bundesländern aus.

Hermann kritisierte die „gewalttätigen Ausschreitungen von Demonstranten“ an, die die hohen Kosten für Polizeieinsätze verursachten, scharf. Dazu zählte er auch Gleisbesetzungen. „Deshalb muss man eher fragen, warum die nicht entsprechend die Kosten bezahlen, nicht aber diejenigen, die ganz legal ihrer Tätigkeit nachgehen“, sagte Herrmann.

Das wiederum stieß auf scharfe Kritik der SPD. „Herr Herrmann will die Demonstranten in einem freien Land für die Ausübung ihres Demonstrationsrechts bezahlen lassen“, erklärte SPD-Umweltexperte Frank Schwabe. „Einen solchen Schmarrn kann sich nur die CSU einfallen lassen.“

Die schwarz-gelbe Koalition habe mit ihrer Atompolitik den Großkonflikt im Wendland angeheizt. „Das führt dazu, dass die Polizei in einer unglaublichen Massivität in Wendland auftreten muss“, fügte Schwabe an. Er nannte es unverantwortlich, Polizisten bis zu 30 Stunden im Einsatz zu halten, um den Transport schnell abzuschließen. Schwabe lobte die friedlichen Proteste.

Der Anti-Atom-Aktivist Jochen Stay bezeichnete die Demonstrationen am Wochenende und die Sitzblockade auf den Schienen in der Nacht zum Montag als „Sternstunde des gewaltfreien Widerstandes“. Er forderte, Ausschreitungen nicht überzubewerten.

„Einige wenige haben sich anders verhalten, das müssen wir hinterher auch mal aufklären, was da wirklich stattgefunden hat“, sagte Stay. Entscheidend sei aber der gewaltlose Widerstand.

( dapd/dpa/sh )