Integration

Muslimverband kritisiert Anti-Zwangsehen-Gesetz

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Der Zentralrat der Muslime beklagt, dass er zu dem Gesetzentwurf nicht konsultiert worden sei. Teile der Vorlage seien überflüssig.

Der Zentralrat der Muslime ist mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung gegen Zwangsehen unzufrieden. Die Generalsekretärin des Zentralrats, Nurhan Soykan, warf der Bundesregierung vor, dass der Verband bei der Gesetzesplanung nicht einbezogen worden sei. Dem „Hamburger Abendblatt“ sagte Soykan: „Es wäre sinnvoll gewesen, bei der Bekämpfung von Zwangsehen sich an einen Tisch mit den Muslimen zu setzen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.“ So hätte man viel eher an die betroffenen Familien herankommen können.

Soykan kritisierte das Vorhaben der Koalition, Zwangsheiraten als Straftatbestand zu definieren, als überflüssig. „Die bestehenden Regelungen und auch unser Strafrecht reichen vollkommen aus, um Zwangsehen zu ahnden. Wir haben den Tatbestand der Nötigung und der Vergewaltigung“, sagte sie und fügte hinzu: „Ich frage mich, wie der Straftatbestand der Zwangsehe aussehen soll. Man kann nicht mehr nachvollziehen, wie die Umstände bei der Eheschließung waren.“

Zuvor hatten bereits die Grünen den Gesetzentwurf als unnütz kritisiert. „Zwangsheirat ist heute schon strafbar“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck in Berlin. „Das ist kosmetische Gesetzgebung.“

Mit dem Gesetz sollen Zwangsheiraten als eigener Straftatbestand definiert werden, der mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden kann. Bisher können Zwangsehen nur als schwere Nötigung geahndet werden. Die Höchststrafe liegt schon jetzt bei fünf Jahren, doch mit der Neuregelung soll eine juristische Verfolgung leichter werden.

Beck verlangte, wer das Problem stärker angehen wolle, müsse den Opferschutz verbessern. Er warf der Koalition vor, mit geplanten Sanktionsverschärfungen gegen Integrationsunwillige von eigenen Versäumnissen ablenken zu wollen. „Das Reden über Sanktionsmöglichkeiten ist ein Ablenkungsmanöver, weil gleichzeitig Mittel für die Integrationskurse gekürzt werden.“

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hält den Gesetzentwurf für unzureichend. Die Vorhaben der Bundesregierung wirkten hilflos, sagte Integrationsminister Guntram Schneider (SPD). Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) nannte die geplanten Maßnahmen gehen Zwangsverheiratungen eine „Symbolgesetzgebung“. Zwangsheirat sei als Nötigung in einem besonders schweren Fall bisher schon mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug strafbar.

Steffens kritisierte, dass ausländische Ehepartner erst nach drei Jahren ein eigenes Aufenthaltsrecht in Deutschland erhalten sollen. Bisher beträgt diese Frist zwei Jahre. Die Begründung der Bundesregierung, damit sollten Scheinehen verhindert werden, sei „fadenscheinig und schäbig“. Frauen, die in Deutschlands einer unerträglichen Ehe entkommen wollten, werde „ein längeres Martyrium abverlangt“. Schneider rief die Bundesregierung auf, ihre Energie „weniger auf die sogenannten Integrationsverweigerer (zu) verschwenden“ und mehr Geld für Integrationskurse bereitzustellen.

( dapd/dpa/cn )