Bei einem Militäreinsatz gegen eine Flotte mit Hilfsgütern für den Gazastreifen hat Israel mehr als zehn Menschenrechtsaktivisten getötet.
Nach Armeeangaben wurden mindestens fünf Soldaten bei dem Abfangmanöver verletzt. Die Schiffe seien geentert worden, weil sie trotz mehrfacher Warnung die über den Gazastreifen verhängte Seeblockade durchbrechen wollten.
Israel habe bis zuletzt eine Konfrontation verhindern wollen, sagte ein Regierungssprecher. Die Soldaten seien aber unter Beschuss geraten und mit Messern angegriffen worden. Der Gazastreifen wird von der radikalen Hamas beherrscht. Mit der Blockade will Israel das Einschmuggeln von Waffen verhindern.
„Wie konnte die israelische Armee bloß Zivilisten so angreifen?“, fragte Greta Berlin, Sprecherin der Organisatoren des Hilfsgütereinsatzes. „Glauben sie, nur weil sie willkürlich Palästinenser angreifen können, dürfen sie jeden attackieren?" Israelischen Medienberichten zufolge kamen bei dem Einsatz 19 Menschen ums Leben.
Trotz israelischer Warnungen war der aus sechs Schiffen bestehende Konvoi aus internationalen Gewässern bei Zypern aufgebrochen. Die von pro-palästinensischen Gruppen und einem türkischen Menschenrechtsverband gecharterten Schiffe transportieren 10.000 Tonnen Güter. An Bord waren auch prominente Menschenrechtsaktivisten wie der schwedische Schriftsteller Henning Mankell. Auch zwei Mitglieder der Bundestagsfraktion der Linken sind in der Flotte unterwegs.
Der Militäreinsatz löste international Entrüstung aus: Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas sprach von einem Massaker und rief eine dreitägige Staatstrauer aus. Die Arabische Liga verurteilte „die terroristische Tat“ und beraumte eine Krisensitzung für Dienstag an. Heftige Kritik äußerten auch Syrien und Iran, die die radikale Hamas unterstützen.
Auch in Europa löste der Einsatz Kritik aus: Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner verurteilte den Militäreinsatz als unverhältnismäßig und forderte ebenso wie Deutschland und die Europäische Union eine Untersuchung des Manövers. „Nichts kann den Einsatz von Gewalt dieser Art rechtfertigen, die wir verurteilen“, sagte Kouchner.
Die Bundesregierung zeigte sich bestürzt und äußerte ebenfalls Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des israelischen Vorgehens. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm forderte von der israelischen Regierung volle Aufklärung. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton rief Israel zudem auf, die Gaza-Blockade für Hilfslieferungen und normale Handelsgüter „sofort und ohne Bedingungen“ zu lockern. Die israelische Blockade-Politik sei „inakzeptabel und politisch kontraproduktiv“, kritisierte Ashton.
Israels Regierung hatte angekündigt, sie werde die Schiffe abfangen und die Ladung untersuchen. Ein Angebot Israels, die Fracht im nahe der Grenze zum Gazastreifen gelegenen Hafen von Aschdod zu entladen und nach einer Kontrolle auf Waffen der UN zu übergeben, hatten die Organisatoren des Konvois, darunter auch palästinensische Gruppen, abgelehnt.
Der Gazastreifen wird seit 2007 von der radikal-islamischen Hamas beherrscht. Israel und Ägypten haben den Zugang zu dem Gebiet abgeriegelt. Hilfsgüter gelangen dennoch über Israel offiziell in den Küstenstreifen. Allerdings kritisieren UN-Behörden, dies geschehe nicht in ausreichendem Umfang.
Der israelische Handelsminister Benjamin Ben-Elieser äußerte Bedauern darüber, dass bei dem Einsatz Menschen getötet wurden: „Die Bilder sind wirklich nicht schön. Ich kann nur mein Bedauern über all die Toten zum Ausdruck bringen.“ Gleichzeitig zeigte er Verständnis für das Verhalten der Soldaten während des Manövers: „Der Moment, wenn Dir jemand versucht, Deine Waffe aus der Hand zu reißen, um sie zu stehlen, das ist der Moment, wo man die Kontrolle verliert.“