Seltsamer Kompromiss

Atom-Konferenz setzt nur Israel auf Anklagebank

| Lesedauer: 2 Minuten
Ansgar Graw

Das Abschlussdokument der UN-Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag enthält einen irritierenden Passus: Israel ist namentlich genannt, der Iran nicht.

Die UN-Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags in New York endete mit einem Kompromiss, der einen einzigen Staat auf die Anklagebank setzt. Im Abschlussdokument wird Israel aufgefordert, dem Nichtverbreitungsvertrag beizutreten und den Weg zu einem nuklearwaffenfreien Nahen Osten zu ebnen.

Das würde die Regierung in Jerusalem zwingen, seine offiziell nie bestätigten Nukleararsenale zu zerstören. Hingegen werden das iranische Atomprogramm, das auf die Entwicklung von waffenfähigem Material abzielt, und die Nuklearbestände Indiens und Pakistans in dem Dokument nicht erwähnt.

Israel lehnte das Papier als „sehr mangelhaft und scheinheilig“ ab. US-Präsident Barack Obama kritisierte ebenfalls die Fokussierung auf Israel. „Wir widersetzen uns energisch Bemühungen, Israel auszusondern, und widersetzen uns Handlungen, die Israels nationale Sicherheit gefährden“, sagte Obama.

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte hingegen, der Konferenzabschluss sei „ein sehr guter Tag für die Abrüstung“ gewesen. Die 188 Teilnehmerstaaten hätten sich „erstmals seit zehn Jahren auf einen ausgewogenen Konsens einigen können“, so Westerwelle.

Die vierwöchige Überprüfungskonferenz hatte Anfang Mai mit einer Rede des iranischen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad begonnen. US-Vertreter bemühten sich danach intensiv, eine exklusive Erwähnung Israels im Abschlussdokument zu verhindern. Vizepräsident Joe Biden traf sich mit arabischen Botschaftern und telefonierte mit Ägyptens Präsident Hosni Mubarak. Um die Konferenz nicht völlig scheitern zu lassen, trugen die USA das Papier aber schließlich mit.

Das Dokument überschattet den morgen beginnenden Besuch von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Washington, der die bilateralen Beziehungen verbessern soll. Sie sind belastet durch den israelischen Siedlungsbau und harsche US-Reaktionen darauf. Bei seiner aktuellen Visite darf Netanjahu mehr Freundlichkeit erwarten, als ihm Obama im März in Washington gewährte. Seinerzeit hatte ein verärgerter Präsident den Gast ohne gemeinsame Pressekonferenz und Abschlusserklärung abgefertigt.