Die Bevölkerung erteilt dem Außenminister und FDP-Chef schlechte Noten, die Umfragewerte von Guido Westerwelle sind im Sinkflug. Gleichzeitig aber steht die große Mehrheit der Deutschen in der von ihm ausgelösten Sozialstaatsdebatte auf seiner Seite. Für die FDP stellt sich damit die Frage, ob Westerwelle seiner Partei eigentlich nutzt oder schadet.
Drei Wochen ist es her, dass der Liberale mit einem Gastbeitrag bei Morgenpost Online ONLINE die Republik in Wallungen versetzte. Es werde zu viel über die Hartz-IV-Bezieher geredet und zu wenig über die, die das alles bezahlen müssten, rügte Westerwelle und warnte vor „spätrömischer Dekadenz“.
74 Prozent der Deutschen finden es laut der aktuellen Umfrage des ARD-Deutschlandtrends im Auftrag der ARD-„Tagesthemen“ und Morgenpost Online richtig, dass der FDP-Chef die Debatte um Hartz IV angestoßen hat. Unter den FDP-Anhängern sind es gar 96 Prozent. Auch in der Sache geben ihm 60 Prozent der Befragten recht; unter FDP-Anhängern 83 Prozent.
Westerwelles Problem aber ist, dass zugleich gut jeder Zweite glaubt, der Liberale versuche „sich auf Kosten der Schwachen in der Gesellschaft zu profilieren“. Die FDP wird zudem wieder häufiger als „Partei der sozialen Kälte“ wahrgenommen: Mit 53 Prozent stimmen dieser Aussage sieben Prozent mehr zu als noch im Januar. Umgekehrt glaubt nur gut jeder Vierte, dass sich die FDP auch um die Schwachen der Gesellschaft kümmert.
Auch mit seinem persönlichen Abschneiden kann Westerwelle nicht zufrieden sein. 73 Prozent der Befragten sind mit seiner politischen Arbeit weniger oder gar nicht zufrieden. Seine Vorgänger im Amt des Außenministers, Joschka Fischer (Grüne) und Frank-Walter Steinmeier (SPD), schnitten nach fünf Monaten im Amt deutlich besser ab.
Dem Grünen-Politiker bescheinigten im Frühjahr 1999 knapp zwei Drittel der Bevölkerung eine gute Arbeit. Bei Steinmeier lag die Zustimmung 2006 bei 56 Prozent. Westerwelle kommt derzeit lediglich auf 25 Prozent.
Dabei war der Liberale im vergangenen September mit einem deutlich besseren Wert gestartet (43 Prozent Zustimmung) als vier Jahre zuvor Steinmeier (24 Prozent). Doch der SPD-Mann konnte seine Popularität rasch steigern. Westerwelles Sympathiewerte jedoch sinken von Monat zu Monat.
Nur 26 Prozent der Deutschen meinen, Westerwelle vertrete Deutschland als Außenminister gut. Dagegen wird im Rückblick die Arbeit Steinmeiers mit 67 Prozent positiv bewertet. Fischer erhält gar von 77 Prozent der Befragten eine gute Note.
Der liberale Amtsvorgänger Klaus Kinkel kommt im Vergleich allerdings auch nur auf bescheidene Werte: 38 Prozent der Bevölkerung bescheinigen ihm, Deutschland gut vertreten zu haben. Offensichtlich fällt es den liberalen Außenministern, die Hans-Dietrich Genscher folgten, besonders schwer, die Erwartungen der Bevölkerung zu erfüllen.