Nach Kraft-Vorschlag

CDU will Hartz-IV-Empfänger vor der SPD retten

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Mit Empörung reagiert die Union auf den Vorschlag der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Hannelore Kraft, Hartz-IV-Empfänger sollten soziale Arbeit leisen. Es sei "unerträglich", dass die SPD einem Viertel der Betroffenen keine Chance mehr einräume. FDP und Grüne unterstützen Krafts Vorstoß.

In der Hartz-IV-Debatte hat sich SPD-Vize Hannelore Kraft dafür ausgesprochen, gemeinnützige Jobs für Langzeitarbeitslose zu schaffen. „Diese Menschen können zum Beispiel in Altenheimen Senioren Bücher vorlesen, in Sportvereinen helfen oder Straßen sauber halten“, sagte die SPD-Spitzenkandidatin für die NRW-Landtagswahl im Mai dem „Spiegel“.

Die FDP begrüßte den Vorschlag, nachdem Parteichef Guido Westerwelle für seine Forderung scharf kritisiert worden war, Hartz-IV-Empfänger sollten zu gemeinnützigen Arbeiten wie „Schneeschippen“ verpflichtet werden. Herbe Kritik kam vom CDU-Sozialflügel und der Linken.

SPD-Vize Kraft sagte dem „Spiegel“: „Wir müssen endlich ehrlich sein. Rund ein Viertel unserer Langzeitarbeitslosen wird nie mehr einen regulären Job finden.“ Für sie müsse so schnell wie möglich „ein Gemeinwohl-orientierter Arbeitsmarkt“ aufgebaut werden. Mehrkosten für den Staat entstünden nicht.

„Die meisten Langzeitarbeitslosen werden sich über eine sinnvolle Beschäftigung freuen, selbst wenn sie dafür nur einen symbolischen Aufschlag auf die Hartz-IV-Sätze bekommen.“ Unterstützung bekam Kraft aus der SPD-Bundestagsfraktion. „Wir wollen Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt wegen ihrer Vermittlungshemmnisse kaum mehr Chancen haben, nicht aufgeben und ihnen die Teilhabe am Arbeitsleben ermöglichen“, sagte Fraktionsvize Hubertus Heil dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es sei für die Betroffenen, deren Kinder und die gesamte Gesellschaft „allemal besser, gemeinnützige Tätigkeiten zu finanzieren als Dauerarbeitslosigkeit“.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner erklärte dazu in Berlin, mit den Äußerungen von Kraft gestehe die SPD erstmals ein, dass es im Sozialstaat einen Erneuerungsbedarf gebe. „Wir fordern die SPD auf, in der Tradition von Gerhard Schröder und Wolfgang Clement zu einer Politik des Forderns und Förderns zurückzukehren.“

Zustimmung für die SPD-Pläne gab es von den Grünen, die ebenfalls einen „Sozialen Arbeitsmarkt“ forderten. „Dort könnten bis zu 400.000 Langzeitarbeitslose mit öffentlich geförderter Beschäftigung eine Perspektive erhalten“, sagte die grüne Arbeitsmarktpolitikerin Brigitte Pothmer.

Der Bundesvorsitzende des CDU-Sozialflügels, NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann, nannte es dagegen „unerträglich“, dass die SPD- Landeschefin einem Viertel der Hartz-IV-Empfänger keine Chance mehr einräume. Linken-Vize Klaus Ernst kritisierte, Kraft plane nichts anderes als eine Verschärfung von Hartz IV. Arbeit ohne Lohn nehme den Menschen die Würde. „Wenn die SPD in NRW auf Null-Euro-Jobs für Langzeitarbeitslose setzt, gibt es keine Gesprächsgrundlage“, sagte Ernst mit Blick auf die NRW-Wahl.

Kritik kam auch von der nordrhein-westfälischen CDU. Der designierte CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid sprach von einer „Kapitulationserklärung gegenüber allen arbeitsuchenden Menschen“. Statt neue Ideen zu präsentieren, kopiere Kraft Westerwelle. „Bei Westerwelle müssen Hartz-IV-Empfänger Schnee schippen, bei Hannelore Kraft sollen sie die Straße fegen.“

SPD-Vize Klaus Wowereit warf Westerwelle in der „Welt am Sonntag“ Ahnungslosigkeit vor. „In Berlin haben wir so etwas längst gemacht“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister zur Forderung des FDP-Chefs, Arbeitslose im Winterdienst einzusetzen.

Das SPD-Präsidium will sich Informationen des „Spiegels“ zufolge an diesem Montag mit Vorschlägen zur Korrektur der Hartz-Reformen befassen. Die Neujustierung der Reform gehöre zu den wichtigsten Anliegen von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel.

Bundeskanzlerin Angela Merkel trat in einem Interview von „Kölner Stadt- Anzeiger“ und „Frankfurter Rundschau“ dafür ein, Hilfen für Kinder von Hartz-IV-Beziehern auch als Sachleistungen zu geben. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts werde die Regierung prüfen, „wie kinderspezifische Bedarfe am besten abgegolten werden können, also auch durch Sachleistungen wie schulische Angebote und nicht nur durch Transferzahlungen“.

( WON )