CDU-Spendenaffäre

Angela Merkel und die Chance ihres Lebens

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Immer wieder hatte der Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber aus Kanada der deutschen Politik mit Enthüllungen gedroht – wohl auch in der Hoffnung, dass dies seine Auslieferung verzögern würde. Zehn Jahre nach seiner Flucht ist Schreiber nun in Bayern angekommen. Man darf durchaus behaupten, dass er Geschichte geschrieben hat.

Falls die Staatsanwaltschaft Augsburg den 75-Jährigen wegen Korruption und Steuerhinterziehung vor Gericht stellt, könnte es wohl vor allem für die Union ungemütlich werden.

Denn Schreiber gilt als eine Schlüsselfigur in der vor rund zehn Jahren aufgedeckten CDU-Spendenaffäre. Er könnte wahrscheinlich eine Menge interessanter Details berichten, und dies möglicherweise noch im laufenden Wahlkampf.


Eigentlich verdiente der 1934 im oberbayerischen Kaufering geborene Geschäftsmann sein Geld mit dem Aufbringen von Fahrbahnmarkierungen. Als die Augsburger Steuerfahndung 1995 seine Bekanntschaft machte, stellte sich aber bald heraus, dass er sich mit Vorliebe mit internationalen Grundstücksspekulationen, Flugzeugverkäufen oder Waffengeschäften beschäftigt.


Die Öffentlichkeit wurde auf ihn aufmerksam, als Spenden bekannt wurden, die er an hohe CDU-Vertreter gezahlt hatte. Die Affäre kam im November 1999 ins Rollen, als der ehemalige CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep vor der Augsburger Staatsanwaltschaft eine Spende Schreibers über eine Million Mark einräumte. Schreiber überreichte sie 1991 in der Schweiz.


100.000 Mark erhielt der heutige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und leitete sie an die CDU weiter. Die Umstände dieser Spendenübergabe führte später zu einem erbitterten Streit zwischen Schäuble und der früheren CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister. Schäuble trat im Zuge der CDU-Affäre vom Partei- und Fraktionsvorsitz zurück.


Es wurde deutlich, dass es in der CDU ein regelrechtes Netz von Geheimkonten und illegalen Spenden gab. Der Alt-Bundeskanzler und ehemalige CDU-Vorsitzende Helmut Kohl gab zu, dass er 2,1 Millionen Mark an illegalen Parteispenden angenommen hatte. Die Identität der Spender hat Kohl bis heute nicht preisgegeben. Er beruft sich dabei auf sein „Ehrenwort“ gegenüber den Spendern. Kohl musste damals den CDU-Ehrenvorsitz niederlegen.


Angela Merkel war damals CDU-Generalsekretärin und empfahl mitten in der Affäre ihrer Partei in einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ die Abnabelung von Kohl. Merkels Aufklärungskurs spülte sie schließlich an die Parteispitze. Der Essener CDU-Parteitag im April 2000 wählte sie zur Parteichefin.


Die Augsburger Staatsanwaltschaft setzte bei ihren Ermittlungen an einem konkreten Fall an. Schreiber soll 1991 ein umstrittenes Panzergeschäft mit Saudi-Arabien eingefädelt haben. Provisionen, die er dabei erhielt, soll er zum Teil als Schmiergelder verwendet haben. Hersteller Thyssen Henschel war an dem Geschäft sehr interessiert. In der Bundesregierung mussten Widerstände überwunden werden, weil das Kriegswaffen-Kontrollgesetz dem Handel entgegen stand.


2005 wurde der frühere Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Er hatte gestanden, rund 1,9 Millionen Euro von Schreiber angenommen und nicht versteuert zu haben. Vom Vorwurf der Bestechlichkeit wurde er aber freigesprochen. Auch zwei ehemalige Thyssen-Manager wurden zu Haftstrafen verurteilt. Der angeblich ebenfalls in die Affäre verwickelte Sohn des früheren CSU-Chefs und bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, Max Strauß, wurde nach langem juristischen Hick-Hack freigesprochen.

( ddp/fas )