Die Präsentation des "Schwarzbuch 2008“ steht im Zeichen der Finanzkrise. Geht es üblicherweise bei den Fällen von Steuergeldverschwendung um Millionenbeträge, haben die staatlichen Finanzjongleure diesmal zum Teil Milliardensummen in den Sand gesetzt.
Der Präsident des Steuerzahlerbundes Karl Heinz Däke spricht bei der Präsentation des Buches die Krise der halbstaatlichen Mittelstandsbank IKB an, die sich mit hochriskanten US-Immobilienkrediten verspekuliert hatte. Die Politik entschied im Sommer 2007, dass die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als Großaktionärin für das Debakel aufkommen müsse. Überdies musste der Bund noch 1,2 Milliarden Euro zuschießen. „Somit kostet die IKB-Krise den Steuerzahler direkt und indirekt 9,2 Milliarden Euro“, rechnete Däke vor. Die Vertreter der Bundesregierung in den Aufsichtsräten haben sich zudem im Nachhinein als ahnungslos und desinformiert erklärt.
Auch viele Landesbanken seien durch ihre Spekulationen an den weltweiten Finanzmärkten schwer getroffen worden. Als Beispiel nennt der Steuerzahlerbund die Bayern LB. Allein bis zum vergangenen April summierten sich die Belastungen aus der Finanzmarktkrise, insbesondere aus Wertminderungen bei Anlagenpapieren, auf 4,3 Milliarden Euro. Das Geldhaus wird zwar einen Teil der Ausfälle selbst tragen. Am Ende muss dann aber der Freistaat Bayern, also der Steuerzahler, wohl zusammen mit den bayerischen Sparkassen für den Rest geradestehen.
Und auch etliche Stadtkämmerer haben sich mittlerweile aufs Spekulieren verlegt. Städte wie Hagen, Remscheid oder Neuss verloren zweistellige Millionenbeträge mit sogenannten Swap-Geschäften. Dabei wird beispielsweise ein langfristiger Kredit mit kurzfristig besorgtem Geld gegenfinanziert. Läuft es gut, profitiert man vom Zinsunterschied. Doch klettern die Kurzfristzinsen, hat man ein Problem. Däke warnte, dass laut Expertenschätzung bundesweit rund 700 Kommunen solche riskanten Swap-Geschäfte abgeschlossen hätten „und noch viele Millionen Euro Steuergelder verloren gehen“.
Um verschleuderte Steuergelder geht es auch bei den 119 Fällen von Verschwendung, die das Schwarzbuch ebenfalls auflistet. So baute die sächsische Gemeinde Nünchritz für 13.000 Euro einen Nistturm für Mehlschwalben. Hintergrund war eine Auflage des Umweltamtes, der sich die Gemeinde beugen musste, um Fördergelder für einen geplanten Schulneubau zu bekommen. Die Schwalben nutzen den Nistturm indes nicht – was Vogelfreunde angesichts der Lage der Gemeinde auch gar nicht erstaunt, finden sich doch auf dem Lande mehr als genug natürliche Nistmöglichkeiten.
Viele Projekte, meint Däke zu solchen Fällen, würden nur in Angriff genommen, weil es die Mitfinanzierung einer übergeordneten Ebene gebe. Und manches werde dabei größer oder aufwendiger geplant und verwirklicht, um den Richtlinien der fördernden Ebene zu genügen oder um Zuschussmöglichkeiten nicht ungenutzt zu lassen. Gerade auf Kommunal- und Landesebene scheine die Politik sich noch immer die Frage zu stellen: „Warum sollten wir auf etwas verzichten, was doch sowieso – zumindest in großen Teilen – ein anderer bezahlt?“
Die oft höheren Folgekosten blieben dabei unberücksichtigt. Ein solches Beispiel fand Däke etwa in Höxter. Um an Zuschüsse des Landes und der EU zu kommen, verwirklichten die Stadtväter hier ein fragwürdiges Projekt. Für 73.000 Euro wurde an die Weser eine Aussichtsplattform errichtet. Dabei hat man nur wenige Schritte entfernt davon genau den gleichen Ausblick – ohne Plattform. Der teure Neubau ist also völlig überflüssig – errichtet wurde er trotzdem.
Däke weist zudem darauf hin, dass der „sorglose und unverantwortliche Umgang mit Steuergeldern“ auf allen staatlichen Ebenen stattfindet, auch im kleinsten Ort. Da gibt beispielsweise das Dorf Delligsen mehr als 160.000 Euro für eine Dorfchronik aus, die nie fertig wurde. Und Bad Schussenried leistet sich für 3,36 Millionen Euro ein Bewegungsbad, das nie eröffnet wurde – und für das man dann bei der späteren Versteigerung gerade einmal 226.000 Euro bekam.
Doch auch in den Großstädten kann sich der Bürger wie in Schilda fühlen. In Berlin etwa entstand aufgrund von Planungsfehlern und den damit verbundenen Baugenehmigungen beim Verkauf eines Grundstücks an der Spitze des sogenannten Spreedreiecks ein Schaden von mindestens 20 Millionen Euro. Und in Nordrhein-Westfalen kostet das seit 1991 geplante einheitliche EDV-System für alle Landesbehörden nicht wie veranschlagt 1,8 Millionen, sondern stattliche 43 Millionen Euro.