Erst hatte sie den CDU-Vorstand hinter sich gebracht, dann wurde sie mit großer Mehrheit als CDU-Chefin wiedergewählt: Bundeskanzlerin Angela Merkel brachte ihre Partei auf dem Parteitag in Stuttgart auf Kurs im Steuerstreit. Nur einer hielt ein wenig dagegen: Finanzexperte Friedrich Merz, dessen politische Karriere zu Ende geht.

Der Beifall dürfte Friedrich Merz gut getan haben. Der CDU-Finanzexperte, der umjubelte Steuerfachmann vom Leipziger Parteitag 2003, der heute in seiner Partei keine verantwortliche Position mehr bekleidet, hatte am Montag auf dem CDU-Parteitag in Stuttgart noch einmal einen großen Auftritt. Mit einer 13-minütigen Rede machte der frühere Fraktionschef der Union schlagartig die Lücke deutlich, die er nach seinem Rückzug auf die Hinterbänke des Parlaments hinterlassen hat.

Merz beginnt seine Rede mit einem Vergleich zwischen der jetzigen Krise und der Weltwirtschaftskrise von 1929 sowie einem Loblied auf den Euro. Ohne die europäische Gemeinschaftswährung hätte die aktuelle Krise im Zentrum Europas maximale Währungspekulationen gegen ganze Länder ausgelöst. Man müsse Leuten wie Altkanzler Helmut Kohl und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) dankbar sein, die sich für den Euro eingesetzt haben.

Zum Krisenmanagement von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) findet Merz zum Teil lobende Worte, bringt aber auch Verbesserungsvorschläge an. Den 500 Milliarden Euro umfassenden Bankenrettungsschirm befürwortet Merz, weil Deutschland zwar ohne wichtige Branchen, aber nicht ohne Banken auskommen könne. Der CDU-Finanzexperte regt an, die Zögerlichkeit der Banken zur Nutzung des Schirms durch gesetzlichen Zwang zu beseitigen.

Merz warnt wie Merkel vor einer zu großen Belastung der deutschen Wirtschaft durch den geplanten CO2-Zertifikatehandel. Im Streit um rasche Steuersenkungen teilt Merz nur zum Teil die Haltung seiner langjährigen Widersacherin. Zwar lehnt auch Merz Steuersenkungen schon Anfang 2009 ab, er wirbt aber für eine Beseitigung der sogenannten kalten Progression. Der Staat betätige sich als „steuerpolitischer Trittbrettfahrer“, wenn er von steigenden Löhnen durch die wachsende Steuerlast profitiere, sagt Merz.

Wenn dies beseitigt sei, glaubten die Bürger auch, dass die Union es ernst meine mit der Begrenzung des Steuerstaates. „Dann können wir in das Jahr 2009 hineingehen und können mit gutem Grund sagen, dass wir das nach der Bundestagswahl 2009 dann fundamental ändern wollen“, betont Merz mit Hinweis auf eine Steuersenkung. Dass er derzeit ein Glaubwürdigkeitsdefizit in der CDU-Argumentation sieht, sagt Merz nicht. Viele Delegierte haben den Hinweis aber verstanden und zollen Merz an dieser Stelle Beifall.

Am Ende legt Merz den Finger in eine offene Wunde der CDU, das Fehlen eines wirtschaftspolitischen Aushängeschildes. Merz spricht von einem „Team, das auch sichtbar wird“ und der Erwartung, dass die Union ihre wirtschafts- und sozialpolitischen Kompetenzen nicht aufgibt. Und wenn die Union die finanzpolitische Kompetenz „nicht allein“ der SPD überlasse, dann habe die Union die große Chance, die Wahl 2009 trotz oder gerade wegen der Finanzkrise zu gewinnen. Merz würde von einem solchen Erfolg nichts mehr haben. Er scheidet 2009 aus dem Bundestag aus.