LKA Hannover

Ermittler durchsuchen Wulffs Haus in Großburgwedel

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Daniel Sturm, Per Hinrichs und Thorsten Jungholt

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat das Haus des Ex-Bundespräsidenten Wulff durchsucht. Es sollen Computer samt Festplatten sichergestellt worden sein.

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat am Freitagabend das Haus des zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff in Großburgwedel durchsucht. Die Aktion sei "auf freiwilliger Basis" erfolgt, es gebe keinen Durchsuchungsbeschluss, sagte ein Sprecher der Behörde. Deshalb sei wie auch im Fall von Groenewold kein richterlicher Durchsuchungsbeschluss notwendig gewesen.

Bei der Durchsuchung waren ein Staatsanwalt und fünf Beamte des Landeskriminalamtes ab 17.15 Uhr vor Ort. Gegen 21 Uhr verließen sie das haus wieder. Wulffs Anwalt Gernot Lehr erklärte: "Zur zügigen Aufklärung des gegen ihn erhobenen Vorwurfs hat Herr Christian Wulff die Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen in seinen Privaträumen freiwillig angeboten und ermöglicht. Diese Maßnahmen finden seine volle Unterstützung.""Der Herr Bundespräsident a.D. ist kooperativ", bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Jürgen Lendeckel.

Die "Bild"-Zeitung berichtete, es seien Computer samt Festplatten sichergestellt worden. Gegen Wulff wird wegen Verdachts auf Vorteilsannahme ermittelt. "Focus Online" hatte kurz zuvor gemeldet, dass eine für Donnerstag geplante Durchsuchung von Wulffs Haus in Großburgwedel kurzfristig abgesagt worden sei, weil zahlreiche Journalisten vor Ort gewesen seien.

Die FDP hat Wulffs Kooperation mit den Strafermittlungsbehörden gewürdigt. "Christian Wulff hat gezeigt, dass er die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen konstruktiv unterstützt. Das ist zu begrüßen", sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring Morgenpost Online.

SPD-Rechtspolitiker sieht Hinweis auf "ernsthaften Verdacht"

Zurückhaltender äußerte sich der SPD-Rechtspolitiker Peter Danckert. Er sieht in der Durchsuchung einen Hinweis auf einen "ernsthaften Verdacht" gegen den Altbundespräsidenten. "Die Durchsuchung zeigt, dass sich die Staatsanwaltschaft mit den bisherigen Einlassungen der Beteiligten nicht zufrieden gibt. Es wird jetzt ernster", sagte Danckert der Morgenpost Online.

Auf den Festplatten werde "nun wohl sehr intensiv nach Belegen für die vorgeworfenen Straftaten gesucht werden", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Danckert. Gleichwohl gelte für Wulff weiterhin die Unschuldsvermutung.

Bereits am Donnerstag hatte die Staatsanwaltschaft Hannover die Ermittlungen gegen den Filmproduzenten David Groenewold vorangetrieben. Beamte hatten die Büroräume und die Wohnung Groenewolds in Berlin durchsucht. "Wir bestätigen hiermit, dass gestern eine einvernehmlich mit der Staatsanwaltschaft Hannover vereinbarte Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume unseres Mandanten stattfand", teilte Groenewolds Anwaltskanzlei Moser Bezzenberger am Freitag mit.

Die Staatsanwaltschaft in Hannover wollte die Durchsuchung nicht kommentieren. Die Ermittler stellten nach Informationen der "Bild"-Zeitung umfangreiches Daten- und Aktenmaterial in Berlin-Grunewald sicher. Groenewold wird sich seiner Kanzlei zufolge zu dem laufenden Verfahren mit Rücksicht auf die Arbeit der Ermittlungsbehörden derzeit nicht äußern.

Wulff bestreitet bezahlte Urlaube

Vor zwei Wochen hatte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Wulff und Groenewold wegen möglicher Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung eingeleitet. Groenewold soll Wulff in dessen Amtszeit als niedersächsischer CDU-Regierungschef Urlaube auf Sylt bezahlt haben.

Wulff bestreitet dies. Im Zuge der Ermittlungen gegen den früheren Bundespräsidenten hat die Niedersächsische Staatskanzlei weitere Unterlagen an die Staatsanwaltschaft übergeben. "Insgesamt wurden rund 450 Seiten aus unserem Haus abgegeben", sagte ein Sprecher von Ministerpräsident David McAllister (CDU) in Hannover. Dies sei aber nur ein Teilvollzug.

In allen Ministerien würden Mitarbeiter weiter nach Unterlagen zum Verhältnis zwischen Wulff und dem Filmemacher Groenewold suchen. Es würde zudem nach Akten zum Verhältnis zwischen Groenewold und dem früheren Sprecher Wulffs, Olaf Glaeseker, gesucht. Wulff war am 17. Februar von seinem Amt zurückgetreten. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt wegen des Verdachts der Vorteilsannahme.

Wulff ist der Ehrensold sicher

Finanzielle Einbußen wegen der Ermittlungen muss Wulff aber nicht befürchten. Der Ehrensold für den Ex-Präsidenten ist nach Einschätzung des Haushaltsausschusses im Bundestag rechtens . Ungeachtet der öffentlichen Empörung stellten die für den Etat des Bundespräsidialamtes zuständigen Politiker einstimmig fest, dass die Entscheidung des Amtes, Wulff den Ehrensold zu gewähren, "nach Recht und Gesetz" erfolgt sei. Das sagte Gremiumschef Herbert Frankenhauser (CSU).

Eine Aberkennung dieses Ruhegeldes von derzeit 199.000 Euro im Jahr sei auch dann nicht möglich, falls das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hannover zu einer Verurteilung Wulffs führen sollte. Dem Berichterstattergremium gehören neben Frankenhauser Jürgen Koppelin (FDP), Carsten Schneider (SPD), Dietmar Bartsch (Linke) und Omid Nouripour (Grüne) an.

Koppelin sagte Morgenpost Online, er könne die Rechtslage "nur zur Kenntnis nehmen. Zufrieden bin ich damit nicht." Es gebe für ihn aber keine Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Präsidialamtes vorzugehen. Im Deutschlandfunk hatte Koppelin seine Auffassung bekräftigt, dass Wulff nicht aus politischen, sondern aus persönlichen Gründen zurückgetreten sei. In diesem Falle wäre ihm der Ehrensold nicht gewährt worden.

FDP-Abgeordneter legt Wulff Spende nahe

Das Präsidialamt kam im Gegensatz dazu zu dem Schluss, dass Wulff aus politischen Gründen zurückgetreten sei und ihm daher der Ehrensold zustehe. Koppelin beklagte, dass diese Frage noch unter der Leitung des langjährigen Wulff-Vertrauten, Staatssekretär Lothar Hagebölling, entschieden worden sei.

Mit der Frage, ob Wulff neben dem Ehrensold auch Büro, Personal und Chauffeur zustehen, hat sich der Haushaltsausschuss noch nicht befasst. Bisher gebe es noch gar keine Anfrage des ehemaligen Präsidenten, sagte Koppelin. Sollte allerdings angefragt werden, müssten sich die Berichterstatter auch damit auseinandersetzen.

Der FDP-Abgeordnete Patrick Kurth schrieb in einem Morgenpost Online vorliegenden Brief an Wulff, er habe keinen Zweifel, dass die Auszahlung des Ehrensoldes "nach Recht und Gesetz" geschehe. Jedoch forderte er den Ex-Präsidenten auf, einen Teil des Solds angesichts der "gesellschaftlich-öffentlichen Wirkung dieser Zulagen nach Ihrer kurzen Amtszeit" an gesellschaftliche Institutionen zu spenden. Eine Liste von förderungswürdigen Vereinen legte Kurth dem Brief bei.

( mit dpa, AFP und dapd )