Nervenschlacht um die Euro-Rettung: Das wegweisende Treffen der EU-Finanzminister findet nicht statt. Jetzt gibt es einen Gipfel, ohne die Details vorher geklärt zu haben.
Chaos vor dem EU-Gipfel: Das ursprünglich für Mittwoch geplante Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel ist kurzfristig abgesagt worden. Die polnische Ratspräsidentschaft habe sich entschieden, die Sitzung der Ressortchefs abzublasen, teilte ein Sprecher mit.
Diplomatenkreisen zufolge konnten zuvor nicht alle Fragen zum Gesamtpaket gelöst werden, das anschließend auf dem Gipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs verabschiedet werden sollte. Der Gipfel selbst werde jedoch wie geplant am Mittwochabend stattfinden, hieß es.
Die Finanzminister können ihre Detailarbeit somit erst nach dem Gipfel fortsetzen. Die Gespräche sollen dann auf den Beschlüssen vom Mittwochabend aufbauen. „Das Ziel ist, alle notwendigen Bestandteile und Details des Gesamtpakets so schnell wie möglich anzunehmen“, teilte die Ratspräsidentschaft mit.
Der französische Regierungschef Francois Fillon warnte vor einem Scheitern des Euro-Krisengipfels in Brüssel. „Wenn der Gipfel scheitern würde, dann könnte dies den europäischen Kontinent in unbekannte Gefilde stürzen“, sagte Fillon laut Abgeordneten bei einem Treffen mit Vertretern der konservativen Regierungspartei UMP.
Frankreichs Banken benötigen nach Angaben von Fillon zur Rekapitalisierung etwa zehn Milliarden Euro. Die Institute bräuchten dazu wohl keine Staatshilfen, sagte Fillon bei einer Fragestunde im Parlament. Ähnlich hatte sich Notenbankchef Christian Noyer am Montag geäußert.
Wegen des erwarteten Schuldenschnitts für Griechenland sollen Europas Banken auf Forderungen verzichten, bisher waren Abschläge in Höhe von 21 Prozent vereinbart. Nun ist jedoch die Rede von einem Verzicht von bis zu 50 oder 60 Prozent. Damit sie wegen der Abschreibungen nicht ins Schlingern geraten, sollen die Banken ihre Kapitalbasis stärken. Deutsche Banken brauchen voraussichtlich rund 5,5 Milliarden Euro.
Warnung vor Scheitern des Krisengipfels
Europa stünden „entscheidende Tage“ bevor. Der Druck auf die Euro-Zone und die Weltwirtschaft wachse. Die Wachstumsaussichten für die Weltwirtschaft seien dabei, sich „heftig“ zu verdüstern.
Fillon äußerte sich den Angaben zufolge auch verärgert über Presseberichte, wonach Frankreich in der Euro-Krise den deutschen Positionen folge. „Wir müssen eine Einigung mit Deutschland finden“, hob er hervor. Doch seien die Initiativen von Frankreich gekommen.
Der Gipfel am Mittwoch soll einen Aktionsplan im Kampf gegen die Eurokrise verabschieden. Dabei geht es um weitere Finanzhilfen für das hochverschuldete Griechenland, die Rekapitalisierung gefährdeter europäischer Banken und die Frage, wie die Schlagkraft des Euro-Rettungsfonds über einen sogenannten Hebel erhöht werden kann.
Merkel will "für Deutschland das Beste herausholen"
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hob kurz vor dem Gipfel den Verhandlungsspielraum der Bundesregierung hervor. „Ich bin meinem Amtseid verpflichtet, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Dabei bemühe ich mich um breite Unterstützung“, sagte Merkel.
In dieser „weltwirtschaftlich außerordentlich schwierigen Situation“ müsse ihre internationale Verhandlungsposition aber auch davon geprägt sein, „für Deutschland das Beste herauszuholen“, sagte Merkel. Man müsse stets abwägen zwischen der Aufgabe der Regierung, Verhandlungen zu führen und dem Haushaltsrecht des Parlaments. Dies gelinge aber bislang sehr gut.
Keine Anleihen-Ankäufe der EZB am Sekundärmarkt
Merkel wies Spekulationen zurück, dass sich in einer Erklärung zum Brüssler Gipfel Formulierungen finden, wonach die Europäische Zentralbank (EZB) doch Anleihen am Sekundärmarkt kaufen solle. „Dieser Satz ist von Deutschland nicht akzeptiert“, sagte sie.
Reuters/AFP/dapd/ks/sara