Berlin. Rezepte gegen Rocker und kriminelle Clans taugen auch gegen Neonazis, sagt Joachim Fahrun.

Spätestens seit den Morden des NSU verbietet es sich, die Gefahren durch rechten Terrorismus zu unterschätzen. Erst im Juni wurde die Sorge vor Gewaltausbrüchen wieder bestätigt, als ein mutmaßlich Rechtsextremist den Kasseler Regierungspräsidenten erschoss. Dass die Sicherheitsbehörden in der Bundeshauptstadt nun ein besonderes Augenmerk auf die Neonazi-Szene legen wollen, ist längst überfällig.

Schließlich müssen auch in Berlin nicht wenige Menschen seit Jahren unter massiver Bedrohung rechtsextremer Kreise leben. Vor allem in Neukölln kommt es immer wieder zu Angriffen. Kommunalpolitiker, Sozialarbeiter, Falken-Aktivisten und viele, die aktiv gegen rechte Umtriebe eintreten, werden angefeindet und bedroht. Rechtsextremisten sind unter den politischen Straftätern in Berlin die am stärksten vertretene Gruppe.

Es wird hohe Zeit, gegen sie nun ebenso vorzugehen wie gegen kriminelle Rockerbanden, Islamisten und arabischstämmige Clans. Unabhängig vom Delikt sollten die Taten im Zusammenhang betrachtet werden. Die Ermittler müssen ein Bild von den jeweiligen Milieus gewinnen. Plötzlich stellt sich die gemeine Sachbeschädigung dann eben doch als ein Versuch politischer Einschüchterung dar. Die Schlägerei unter Jugendlichen mutiert womöglich zur politischen Gewalttat, wenn daran als gefährlich eingestufte Rechtsextreme beteiligt sind. Und der böse Spruch im Netz als strafwürdige Verunglimpfung.

Die Lehre aus dem Vorgehen gegen andere kriminelle Strukturen ist, dass die staatlichen Organe diese Leute triezen, ihnen das Leben schwer machen, sie im Auge behalten muss. Das gesellschaftliche Klima in Deutschland ist aufgeheizt. Da tun Berliner Polizei und Justiz gut daran, einer möglichen Gewalteskalation mit allen Mitteln entgegenzuwirken.

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