Berlin. Trotz aller Kritik: Die Parlamentsreform ist in Berlin längst überfällig, kommentiert Jens Anker.
Berlin wird gern der Vorwurf gemacht, es bestehe ein großer Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit. An kaum einem Ort manifestiert er sich so ausgeprägt wie im Abgeordnetenhaus. Da ist einerseits der Anspruch, die Zukunft der wachsenden Metropole zu gestalten und jedes Jahr 25 Milliarden Euro möglichst sparsam und sinnvoll auszugeben. Andererseits versteht sich das Abgeordnetenhaus immer noch als Halbtagsparlament. Über diesen Widerspruch wird in der Politik seit Langem diskutiert, zu einem Ergebnis kamen die Parlamentarier bislang nicht.
Das ändert sich nun. Ab dem kommenden Jahr sollen die Abgeordneten deutlich mehr arbeiten. Der Preußische Landtag wandelt sich vom Halbzeit- zum Hauptzeitparlament. Der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit von Volksvertretern soll künftig im Parlament liegen. Dafür werden auch die Diäten von jetzt 3900 auf 6250 Euro angehoben. Bei den Pauschalen für Büros und Mitarbeiter ändert sich nichts.
Damit liegen die Berliner Landespolitiker künftig im bundesdeutschen Durchschnitt, der aktuell bei 6700 Euro liegt. Nur noch die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg leisten sich Halbtagsabgeordnete, in den anderen Landtagen arbeiten längst Vollzeitabgeordnete.
Nun ist nicht gesagt, dass die Berliner Politiker auch besser arbeiten, wenn sie länger in ihren Büros sitzen. Aber das ist eine andere Frage. Alle fünf Jahre haben die Berliner die Gelegenheit, sich bessere Politiker in die Volksvertretung zu wählen.
Zeitgemäß ist dieser Schritt in jedem Fall, denn es fällt nicht nur mehr Arbeit an, die Herausforderungen der Zukunft werden wegen der Globalisierung und Digitalisierung auch immer komplizierter. Mit der Anpassung der Diäten geht Berlin daher einen deutlichen Schritt voran.