Bei der Bekämpfung der Gewalt in der Rigaer Straße hilft kein Fingerzeig auf den Innensenator, meint Thomas Fülling.

Wer jemals gehofft haben sollte, mit einem Senat in neuer politischer Farbgebung werde sich die Lage an der Rigaer Straße schon irgendwie entschärfen, der sieht sich jetzt eines Schlechteren belehrt. In den vergangenen Tagen ist die Situation wieder einmal eskaliert, vermummte Chaoten toben sich in dem Friedrichshainer Viertel beinahe jede Nacht regelrecht aus. Barrikaden werden dort errichtet, es brennen Möbel und Autoreifen. Anrückende Polizisten, aber auch Feuerwehrleute und Sanitäter, die Verletzten helfen wollen, werden mit zuvor ausgiebig gehorteten Pflastersteinen beworfen und Raketen beschossen.

Dass sie damit das Leben und die Gesundheit anderer Menschen gefährden, nehmen die selbst ernannten Revolutionäre und Freiheitskämpfer nicht einfach billigend in Kauf. Im Gegenteil: Es scheint ihre volle Absicht zu sein. Wer etwa versucht, den Piloten eines Hubschraubers gezielt mit einem Laserpointer zu blenden, der weiß, dass er damit den Absturz des Fluggeräts riskiert. Und das mitten in einem dicht bebauten Wohngebiet.

Rigaer Straße: Ein Brennpunkt seit 20 Jahren

Gewaltvorfälle

Seit 20 Jahren ist das Haus Rigaer Straße 94 besetzt. Genau so lange schon ist die Straße ein Brennpunkt linksautonomer Gewalt. Hier eine kleine Auswahl der unzähligen Gewaltvorfälle in den vergangenen Jahren.

Mai 2017

In mehreren Nächten hintereinander wird die Polizei immer wieder wegen kleinerer Delikte in die Rigaer Straße gerufen. Dort werden die Einsatzkräfte jedesmal aus dem Hinterhalt von Autonomen mit Stein- und Flaschenwürfen attackiert. Drei Beamte werden verletzt.

März 2017

Eine Frau ruft die Polizei, weil ihr Fahrzeug durch Farbschmierereien beschädigt wurde. Als eine Funkstreifenbesatzung eintrifft, wird die sofort von 20 Vermummten attackiert, auch die Scheiben des Dienstfahrzeugs werden eingeschlagen.

November 2016

Mit dem Anzünden von Müllcontainern werden Polizisten offenbar gezielt zur Rigaer Straße gelockt. Kaum angekommen, werden die Beamten von etwa 40 Vermummten aus dem Hinterhalt angegriffen, fünf Beamte tragen Verletzungen davon.

Juli 2016

Im Anschluss an eine Demonstration wegen der Teilräumung des Hauses Rigaer 94 kommt es zu massiven Ausschreitungen vermummter Linksautonomer. Insgesamt 120 Polizisten werden verletzt.

Januar 2016

Nachdem vier Vermummte vor dem Haus Rigaer Straße 94 einen einzelnen Streifenpolizisten brutal überfallen und niederschlagen, rückt die Polizei wenige Stunden später mit 500 Beamten an und durchsucht das Haus.

Dezember 2015

In einer Tiefgarage an der Rigaer Straße werden 18 Autos angezündet und überwiegend völlig zerstört. Eintreffende Löschkräfte werden aus dem Hinterhalt mit Steinen und Flaschen beworfen.

November 2015

Als Ermittler einen auf frischer Tat ertappten Autozündler festnehmen wollen, solidarisieren sich 50 Autonome mit dem Verdächtigen, von Hausdächern fliegen aus großer Höhe Steine und Böller sowohl auf die Zivilbeamten als auch auf deren Verstärkung.

Juli 2015

In der „Langen Nacht der Rigaer“ werden immer wieder Polizisten von plötzlich aus Hauseingängen stürmenden Vermummten gezielt mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen. Vier Beamte ziehen sich dabei teils schwere Verletzungen zu. 

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Die Menschenverachtung, die sich in diesem Tun manifestiert, entsetzt und macht sprachlos. Unverständlich ist aber auch, warum es scheinbar kein Mittel zu geben scheint, eine zwar äußerst aggressive, aber vergleichsweise kleine Gruppe von Gewalttätern zu isolieren. Ein mit Empörung vorgetragener Fingerzeig auf den jeweiligen Innensenator, egal aus welcher Partei dieser kommt, hilft da nicht weiter.

Notwendig ist jetzt ein Zusammenwirken von Politikern aller demokratischen Parteien, gerade auch derjenigen aus dem aktuellen Regierungsbündnis, die sich in Sachen Rigaer Straße bislang eher vornehm zurückhalten. Doch Vorschläge wie die des SPD-Innenexperten Tom Schreiber werden, so scheint es, bislang nicht einmal diskutiert. Muss es denn tatsächlich erst Todesopfer geben, damit diese Aufgabe angegangen wird. Hoffentlich nicht!

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