WLAN-Netz

Digitales Berlin: Die Lücke muss geschlossen werden

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Jens Anker

Foto: Rainer Jensen / dpa

Die digitale Elite jubelt über „Smart Cities“, während Teile der öffentlichen Verwaltung Berlins noch mit Windows XP arbeiten muss.

Die Logik des Internets ist unendlich. Die technische Entwicklung rast in ungeheurem Tempo voran – und wenn eine Neuerung Marktreife erreicht hat, ist sie oft schon durch neueste Forschung überholt. In der vergangenen Woche stellte Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer in Aussicht, an der Technischen Universität die G5-Technik zur Datenübertragung testen zu wollen, die es ermöglichen soll, mehr Datenmengen in noch kürzerer Zeit zu transportieren. Demgegenüber steht die Nachricht, dass es Berlin gerade gelungen ist, erste Sendeantennen für ein kostenfreies, öffentliches WLAN-Netz zu installieren – nach achtjähriger Vorlaufzeit. Sollte also möglicherweise der Senatsbeschluss aus dem Jahr 2008 tatsächlich vollständig umgesetzt sein, allen Berlinern und Berlinbesuchern den kostenfreien Zugang zum Internet in der Innenstadt zu ermöglichen, könnte die WLAN-Technik bereits ein Fall für das Museum sein.

Den üblichen Berlinreflex greifen zu lassen?

Es wäre einfach, hier den üblichen Berlinreflex greifen zu lassen, der der Verwaltung ein Versagen und den handelnden Personen Unfähigkeit vorwirft. Und tatsächlich stimmt es ja: Jahrelang wurde die Einführung des WLAN-Netzes zwischen widerstreitenden Zuständigkeiten zerrieben. Nacheinander scheiterten der Wirtschaftssenator, der Verbraucherschutzsenator und zuletzt fast auch die Senatskanzlei daran, die verschiedenen Befindlichkeiten doch noch zu einem glücklichen Ende zu führen und sich auch mit dem mächtigen und häufig auch lästigen Datenschutz zu arrangieren.

Aber dieser Reflex greift zu kurz. Tatsächlich besteht für Berlin mittelfristig das Problem, nicht nur bei der Bereitstellung der klassischen Infrastruktur mit Gebäuden und Straßen den Notwendigkeiten hinterherzuhecheln. Auch bei der digitalen Infrastruktur öffnet sich die Schere zwischen den technischen Möglichkeiten und den vorhandenen Standards in rasendem Tempo. Während die digitale Elite über die Möglichkeiten der „Smart Cities“ jubiliert, in denen die Menschen von selbstfahrenden Autos in ihre mitdenkenden Wohnungen kutschiert werden, werkeln Teile der öffentlichen Verwaltung noch auf Computern mit dem Betriebssystem Windows XP. Zahlreiche Internetseiten können mit dem System gar nicht geöffnet werden, weil die übermittelten Datenmengen viel zu groß sind, und neue Software kann wegen des geringen Arbeitsspeichers der Computer nicht aufgespielt werden.

100 Sendeantennen für kostenfreies WLAN-Netz in Berlin

Diese Lücke zwischen öffentlicher und privater Infrastruktur wird sich nicht schließen lassen. Welche Folgen das für das öffentliche Leben in Berlin und anderswo haben wird, ist derzeit noch unklar. Aber die öffentliche Hand kann die Vorkehrungen dafür treffen, nicht vollkommen abgehängt zu werden. Das würde allerdings bedeuten, dass sich die handelnden Personen des Problems bewusst sind und entsprechend handeln. Das gilt nicht nur für den digitalen Fortschritt der Internet­gesellschaft, sondern auch für die traditionellen Politikfelder. Das heißt zum Beispiel, bei Flughafenplanungen mögliche Steigerungen der Fluggastzahlen mitzuberücksichtigen, sodass auch baulich darauf reagiert werden kann. Oder die Verwaltungen so auszustatten, dass technische Updates von allen Mitarbeitern genutzt werden können. Vor allem aber auch, dass bei Neubauplänen die digitalen Möglichkeiten der Smart City oder künftige Formen der Mobilität mit einbezogen werden.

Doch Zweifel daran sind angebracht. Denn die Verwaltung zeichnet sich traditionell eben nicht durch Flexibilität oder Fortschrittlichkeit aus. Das ist auch gar nicht ihre Aufgabe. Sie soll das Zusammenleben möglichst geräuschlos verwalten. Diesen Widerspruch zwischen fortschrittsgetriebener Wirtschaft und strukturkonservativer Verwaltung aufzulösen, ist der Schlüssel dafür, dauerhaft die Probleme in den Bürgerämtern, in der Verkehrslenkung und die Herausforderungen der wachsenden Stadt zu bewältigen.