Berlin genießen

Warum Avocados gesunde Alleskönner sind

| Lesedauer: 4 Minuten
Franz Michael Rohm

Foto: Franz Michael Rohm

Auch wenn sie über wenig Eigengeschmack verfügen: Beliebt sind Avocados allemal - nicht nur beim Mexikaner. Auch der Japaner ist begeistert von den südamerikanischen Beeren.

„Das ist das kulinarische Geschenk Mexikos an die Welt“. Raúl Oliver Arriaga teilt bedächtig eine reife, grün glänzende Avocado-Frucht und löffelt das Fruchtfleisch in eine Schale. „Reif und weich muss sie sein“, sagt der Koch aus Mexiko-City, der an der Wiener Straße in Kreuzberg den mexikanischen Imbiss Chaparro, betreibt. Wie bekommt man die Avocado reif? „Hart kaufen und warten“, sagt Raúl. „Oder in Zeitungspapier wickeln. Dann reifen sie schneller“.

Als Nächstes kommen fein geschnittene, am besten geschälte, Tomaten zur Avocadomasse, etwas Knoblauch, Koriander, Zitronensaft – sonst oxidiert das Fruchtfleisch und wird unappetitlich braun – und Salz. „Keinen Pfeffer!“, betont der 37-Jährige. Mit einer Gabel wird alles zerdrückt und gerührt, bis eine cremige Konsistenz erreicht ist. „Unsere Nationalspeise, sie gehört zu jedem Gericht“, erklärt Raúl, „Guacamole“.

Seinen Ursprung hat der bis zu fünfzehn Meter hohe Baum, der zur Familie der Lorbeergewächse zählt und dessen Früchte botanisch Beeren sind, in Südmexiko. „Dort wächst seit etwa siebentausend Jahren die kleinfruchtige, kugelförmige Sorte Criollo“, berichtet Raúl. Indianer der Coxcatlán-Kultur nannten die Früchte ahuacatl, übersetzt Hoden. Die spanischen Eroberer machten Abogado daraus und verbreiteten Avocado-Pflanzen ab Ende des 16. Jahrhunderts über den Globus.

Avocado: Gegrillt oder als Dessert

Obwohl mehr als hundert Sorten bekannt sind, finden sich im Handel meistens nur zwei: die birnenförmige „Fuerte“ mit sattgrün gepunkteter, glänzender, dünner Haut und hellgelbem Fruchtfleisch. Und die runderen, mit dunklerer, harter Haut, mit dem irritierenden Namen „Hass“. Zurückzuführen sei der Name auf Rudolph Hass, in dessen Garten in Kalifornien vor achtzig Jahren diese zufällige Avocado-Mutation erstmals wuchs. Von seinem Baum stammen alle heutigen Hass-Avocado-Bäume ab, die überwiegend in Israel, Mexiko, Spanien, Kalifornien und Chile kultiviert werden. Beide Sorten zeichnen sich durch einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren, Mineralstoffen und Vitaminen aus.

Holger Zurbrüggen vom Restaurant Balthazar am Kurfürstendamm lernte Avocado als junger Mann auf den Bahamas kennen. „Der Baum stand vor genau vor meinem Zimmer“, erinnert sich der 47-jährige Chefkoch. Seither gehört Avocado zu seinen Lieblingsspeisen. Im Restaurant serviert er sie als Bestandteil der Ingwer-Suppe, eine leichte Vinaigrette zum Salat oder gegrillt mit Zitronengras-Schaum und gebratener Maispoulardenbrust. Durch besonders viel Eigengeschmack zeichnet sich die Frucht nicht aus, „deshalb kann man sie gut kombinieren.“ Er hat sogar schon ein Dessert damit gemacht. „Avocado-Mango-Panna-Cotta. Ein Knaller“, behauptet der Chefkoch.

Kondensmilch mit Avocado und zerstoßenem Eis

Van Hai Tran, bekannt als Mr Hai, schwärmt von der Kombination Avocado und Fisch. Nicht nur in zahlreichen Sushi-Rollen findet Avocado Verwendung, bei einigen Kreationen spielt das cremige Fruchtfleisch sogar die zweite Hauptrolle. Sein Gericht Avocado Tower ist optisch ein Kunstwerk und geschmacklich sensationell. „Das isst Tim Raue immer bei uns“, erklärt stolz der Sushi-Spitzenkoch aus dem Shabuki am Olivaer Platz. Dazu schneidet er eine Fuerte-Avocadohälfte in drei Millimeter dünne Scheiben, die er kreisförmig arrangiert. In der Mitte schichtet er Tartar von Thunfisch oder Lachs mit scharfer Soße, gekrönt von Lachskaviar.

Weitere Avocado-Spezialität des Südvietnamesen ist Second Zen, ein Carpaccio von der Jakobsmuschel auf Avocado und haarfein geschnittener Gurke mit einer Kaviar-Soja-Soße und Trüffelöl. Schon als Kind hat sich Mr Hai in seiner Heimat für Avocado begeistert: „Mein Lieblingsgetränk war Kondensmilch mit Avocado und zerstoßenem Eis“. Hat er auch auf der Karte, schmeckt aber sehr gewöhnungsbedürftig. Avocado Tower ist um Klassen besser.

Balthazar Kurfürstendamm 160, Wilmersdorf, tägl. 18 bis 23 Uhr, Tel. 89 40 84 77, www.balthazar-restaurant.de

Chaparro Wiener Straße 14, Kreuzberg, Mo-Sbd 12-23, So 15-21 Uhr, Tel. 30 36 87 31, www.facebook.com/Chaparro

Mr Hai Shabuki, Olivaer Platz 9, Wilmersdorf, tägl. 12-24 Uhr, Tel. 88 62 81 37, www.mrhai.de