Im Wirtshaus zum Mitterhofer an der Kreuzberger Fichtestraße stehen die Steinpilze so auf der Karte: Kurz in der Pfanne gebraten, in Kalbsjus, dazu Frühlingszwiebeln, Kirschtomaten und Kartoffelkrapfen. 12,90 Euro kostet die Portion. Dazu Südtiroler Weißwein oder Rosé, ein Hefeweizen aus dem Altmühltal oder Apfelschorle – fertig ist das Genussvergnügen. Auch Semmelknödel mit dem Edelpilz sind im Angebot.
„Steinpilze sind fester Bestandteil der Südtiroler Küche“, sagt Hannes Mitterhofer. Der in Meran geborene Koch und Eigentümer des Wirtshauses steht nur noch selten selbst am Herd, das Steinpilzgericht bereitet Köchin Ramona Gasser zu.
Mit dem Vater sei es früher oft „in die Steinpilze“ gegangen, erzählt Mitterhofer. Einige wurden sofort verzehrt, die meisten aber getrocknet, und auch eingeweckt. Die Familie hat sie mit Semmel- oder Serviettenknödeln, mit Bandnudeln und Rahm oder als italienische Variante, „mit Polenta“, gegessen. Von seiner Händlerin Leyla Reineke bezieht der Gastwirt am liebsten „Champagnerkorken“, kleine, feste Exemplare, die im Idealfall aus Bergregionen zwischen 500 und 1000 Meter Höhe stammen und ein unvergleichliches Aroma besitzen.
Im Mittelalter gab es Steinpilze nur für Adel und Klerus
Den leicht nussigen Geschmack der Steinpilze schätzen Feinschmecker schon lange. Im Mittelalter waren die Edelpilze so beliebt, dass sie nur Adel und Klerus vorbehalten waren – und deshalb Herrenpilze hießen. Wurden Bauern beim Verzehr erwischt, folgten drakonische Strafen wegen Wilderei. Das ist heute glücklicherweise nicht mehr der Fall. Allerdings dürfen Steinpilze in Deutschland nur für den Privatgebrauch gepflückt werden. Seit 1986 stehen die über fadenförmige Zellen mit Baumwurzelspitzen verbundenen Pilze unter Naturschutz. Deshalb stammen die im Handel angebotenen Steinpilze vom Balkan, aus dem Baltikum, der Ukraine, Polen, teilweise sogar aus China.
„Wo sind die her?“, will eine Kundin am Karl-August-Markt von Christine Bergmann wissen. „Rumänien“, antwortet die 33-Jährige, die sich „Pilzkönigin“ nennt. Bis zum Ende der Saison verkauft sie die botanisch „Boletus“ genannten Pilze, die sie ebenfalls von Großhändlerin Leyla Reineke bezieht. Zwölf verschiedene Arten sind bekannt. Neben den Sommersteinpilzen die von Mai bis Juli wachsen, zählen Schwarzhütiger Steinpilz, Gemeiner Steinpilz, Weißer Steinpilz und Kiefernsteinpilz zu den bekanntesten.
Auf dem Markt sind die Pilze zu Beginn der Saison sehr teuer, „weil es in den Karpaten und auf dem Balkan sehr wenig geregnet hat“, sagt Christine Bergmann. Knapp 40 Euro kostet das Kilo, im Oktober ist es teilweise nur die Hälfte.
Thomas Kammeier, Sternekoch des Hugos auf dem Dach des Intercontinental Hotels, findet Steinpilze „zum Reinbeißen“. Als Junge ist er regelmäßig im Rheinischen auf Pilzsuche gegangen. Hauptsächlich Birkenpilze und Champignons. „Steinpilze waren wie ein Sechser im Lotto“, erinnert er sich. Damals kamen die Edelpilze immer nur gebraten auf den Teller – heute bereitet er sie in verschiedenen Variationen als Vorspeise zu. „Ich will den Wald- und Wiesengeschmack der Pilze auf den Punkt bringen“, sagt Thomas Kammeier. Zuerst legt er auf dem Teller einen kreisrunden Steinpilzraviolo. Die Füllung heißt in der Fachsprache „Duxelle“, eine Art Pilzfarce, die mit Schalotten, Knoblauch und Petersilie angereichert und fein zerkleinert vom Nudelteig umschlossen wird. Kurz in Schaumbutter geschmort, gesellen sich anschließend in Vinaigrette aus Olivenöl, Salz, Pfeffer und Zitronensaft marinierte Pilzscheiben dazu. Drittes Element sind in Butter gebratene Herrenpilze die von kleinen Roten Beten und Miniartischocken begleitet werden: Steinpilze auf Sterneniveau.
Hugos im Hotel Intercontinental, Budapester Straße 45, Tiergarten, Di.-Sbd. 18.30-22.30 Uhr, Tel.: 26 02 31 49, www.hugos-restaurant.de
Pilzkönigin Christine Bergmann Karl-August-Markt, Charlottenburg, Sbd. 8-14 Uhr, Tel.: 01 78 18 85 846, www.pilzkönigin.de
Wirtshaus Mitterhofer Fichtestraße 33, Kreuzberg, Tel.: 34 71 10 08, Mo.-Fr. 17-24, Sbd., So. 12-24 Uhr, www.wirtshaus-zum-mitterhofer.de