- Die Niedrigzinsstrategie der Europäischen Zentralbank (EZB) setzte Sparer in den letzten Jahren stark unter Druck
- Mit der Inflation kommt jedoch eine Wende: Die Leitzinsen klettern, was auch Auswirkungen auf die Zinsen von Tagesgeld und Sparbüchern hat
- Tagesgeld oder Sparbuch - Wo können Sparer derzeit die höchsten Zinsen erzielen?
Über einige Jahre waren die niedrigen Leitzinsen im Euroraum ein Trauerspiel für viele Sparerinnen und Sparer mit Fest- und Tagesgeldkonten. Wenig bis gar keine Zinsen machten das Tagesgeld allenfalls als Zwischenlösung für den Notgroschen interessant. Doch der Ukraine-Konflikt und damit einhergehend die Inflation bewegten die Notenbanken jüngst zu Zinsanpassungen – auch die Europäische Zentralbank (EZB) unter Präsidentin Christine Lagarde hatte den Leitzins zuletzt mehrfach erhöht. Aktuell liegt er bei 4,25 Prozent.
Tagesgeld: Auswertung enthüllt – über 100 Banken zahlen immer noch keine Zinsen
Viele Banken geben die Zinsen an ihre Kunden weiter. Schon bis zu 3,7 Prozent Zinsen können Neukunden für ihr Tagesgeld bekommen. Mehrere Banken haben zudem die Konditionen für Bestandskunden angepasst. Die BMW Bank etwa bietet allen Kunden drei Prozent auf ihre Ersparnisse – bis zu einer Summe von 50.000 Euro. Im Ranking für das Tagesgeld haben wir die Top-Angebote mit deutscher Einlagensicherung aufgelistet. Dabei zeigt sich jedoch auch: Viele Banken bieten weiter keine Zinsen für das Tages- und Festgeld.
Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Auswertung des Vergleichsportals "Verivox". Von insgesamt 738 Banken in der Verivox-Auswertung zahlen 141 ihren Kunden keine Zinsen. Das entspricht einem Anteil von 19 Prozent. Am weitesten verbreitet sind Nullzinsen unter den regionalen Genossenschaftsbanken – also den örtlichen Volks- und Raiffeisenbanken sowie den PSD- und Sparda-Banken. "Fast alle Kreditinstitute haben ihre Negativzinsen nach dem Wegfall der EZB-Strafzinsen auf Bankeinlagen vor einem Jahr zügig abgeschafft", sagt Oliver Maier – Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH.
Tagesgeld statt Sparbuch: Bis zu 365 Euro pro Jahr kassieren
Direktbanken mit deutscher Einlagensicherung locken mit attraktiven Tagesgeld-Erlösen für Neukunden. Die 1822direkt – ein Tochterunternehmen der Frankfurter Sparkasse – bietet Neukunden etwa 3,2 Prozent Zinsen auf das Tagesgeld* für sechs Monate Laufzeit. Ausgehend von einem Zinssatz von 3,2 Prozent und einem Anlagebetrag von 10.000 Euro können Sparer derzeit in einem Jahr 190 Euro einnehmen.
Moment, nur 190 Euro? Ja, denn der Zinsaatz beim Angebot der 1822direkt senkt sich nach sechs Monaten Laufzeit auf 0,6 Prozent. Besser macht es, wer auf das Angebot der J&T Direktbank* eingeht, die ebenfalls der europäischen Einlagensicherung unterliegt: Hier ändert sich der Zinssatz nicht, sondern bleibt laut Bank bei 3,65 Prozent stabil. Jedenfalls so lange, bis die stets variablen Basiszinsen verändert werden. Im Zweifel auch nach oben.
Maier empfiehlt: "Auch für Bankkundinnen und -kunden mit einem Sparbuch kann der Umstieg auf ein gutverzinstes Tagesgeldkonto eine sinnvolle Option sein." Laut Zahlen der Deutschen Bundesbank haben die deutschen Privathaushalte derzeit insgesamt rund 460 Milliarden Euro auf Sparkonten mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten deponiert und erhalten dafür im Schnitt nur 0,39 Prozent Zinsen. Zum Vergleich – wer 10.000 Euro vom Sparbuch auf ein Tagesgeldkonto mit Top-Konditionen umschichtet, kann aufs Jahr über 350 Euro mehr an Zinsen einstreichen.

Das Fazit zur Auswertung: Noch immer sind die Zinsen für das Fest- und Tagesgeld vergleichsweise niedrig. Viele Direktbanken geben sie jedoch an ihre Kunden weiter und bieten damit oft deutlich bessere Konditionen als viele örtliche Filialbanken. Somit kann sich das Umschichten auf ein Konto mit besseren Konditionen lohnen. Dabei sollte man aber nicht nur auf die Zinsen achten. Auch die Laufzeit der Neukundenangebote und die Konditionen nach deren Ende sollten Sparer bei ihrer Entscheidung berücksichtigen.
Durchschnittlicher Nominalzins der Tagesgeld-Angebote unter Berücksichtigung von 10.000 Euro Anlagesumme | ||||
Monat |
Bundesweite Angebote |
Genossenschafts- banken |
Sparkassen | Summe aller Angebote |
Jan. 22 | 0,03% | -0,05% | -0,01% | -0,02% |
Feb. 22 | 0,00% | -0,05% | -0,01% | -0,03% |
Mrz. 22 | 0,00% | -0,05% | -0,01% | -0,03% |
Apr. 22 | 0,00% | -0,05% | -0,01% | -0,03% |
Mai. 22 | 0,00% | -0,05% | -0,01% | -0,03% |
Jun. 22 | 0,00% | -0,05% | -0,01% | -0,03% |
Jul. 22 | 0,01% | -0,04% | -0,01% | -0,02% |
Aug. 22 | 0,05% | -0,01% | 0,00% | 0,00% |
Sep. 22 | 0,07% | 0,00% | 0,00% | 0,01% |
Okt. 22 | 0,17% | 0,00% | 0,00% | 0,02% |
Nov. 22 | 0,26% | 0,01% | 0,01% | 0,04% |
Dez. 22 | 0,39% | 0,03% | 0,02% | 0,07% |
Jan. 23 | 0,46% | 0,04% | 0,03% | 0,09% |
Feb. 23 | 0,65% | 0,08% | 0,07% | 0,15% |
Mrz. 23 | 0,71% | 0,11% | 0,12% | 0,18% |
Apr. 23 | 0,85% | 0,15% | 0,19% | 0,25% |
Mai. 23 | 0,98% | 0,20% | 0,23% | 0,31% |
Jun. 23 | 1,08% | 0,26% | 0,28% | 0,36% |
Aktuell | 1,31% | 0,36% | 0,36% | 0,47% |
Quelle: Verivox.de / Vergleich von 738 Banken und 791 Produkten / Stand: 20.07.2023 / Alle Angaben ohne Gewähr
Banken im Check: Gewaltige Unterschiede – wo es über 3 % Zinsen für das Tagesgeld gibt
Doch bei der Weitergabe der Zinsen an die Kunden mit einem Fest- oder Tagesgeldkonto stockt es bei einigen Banken. "Auch ein ganzes Jahr später und nach mittlerweile acht Leitzinserhöhungen in Folge bietet ein beträchtlicher Teil dieser Banken Sparern auf ihr Tagesgeldkonto noch immer überhaupt keine Verzinsung", kritisiert Maier. Auffallend oft trifft das auf die örtlichen Volks- und Raiffeisenbanken sowie die PSD- und Sparda-Banken zu. Von den insgesamt 350 ausgewerteten Instituten dieser Bankengruppe weisen 80 für eine Anlagesumme von 10.000 Euro einen Tagesgeldzins von null Prozent aus.
Somit bietet im genannten Sektor beinahe ein Viertel (23 Prozent) der Banken keine Zinsen an – aber auch bei 58 von 309 (19 Prozent) Sparkassen gehen Tagesgeldanleger leer aus. Maier zufolge spekulieren viele Sparkassen und Volksbanken viel stärker auf die Treue ihrer Kunden als bundesweit agierende Geldhäuser. Direktbanken müssen sich im Konkurrenzkampf um Spargelder behaupten und dementsprechend ihre Angebote regelmäßig nachbessern. Das beste Angebot bietet aktuell die spanische Suresse Bank mit 3,7 Prozent für das Tagesgeld*.
Filialbank | Direktbank | |
Zugang | über Filialen und Geldautomaten in wohnortnähe | primär online oder mobile Apps |
Geld abheben | über Filialen und Geldautomaten in wohnortnähe | über Partnerbanken und oft Kreditkarten als Standard-Geldkarte |
Service | persönliche Beratung und Kundenservice vor Ort | kundenservice primär telefonisch oder online |
Kosten | Tendenz zu höheren Gebühren für Kontoführung und Transaktionen – höhere Betriebskosten | oft niedrigere Gebühren oder kostenlose Kontoführung – geringere Betriebskosten |
Produktpalette | kann umfassender sein – einschließlich Versicherungen, Krediten, Anlagen, Girokonten, Tages- und Festgeldkonten | oft fokussiert auf Kernprodukte wie Girokonten, Kreditkarten, Tagesgeld und Festgeld |
Einlagensicherung | über jeweiligen nationalen Einlagensicherungsfonds – in Deutschland 100.000 Euro pro Anleger/Bank | abhängig vom Standort der Bank – im Ausland können abweichende Regelungen gelten |
Technologie | mittlerweile große Digitalauftritte – bietet aber auch traditionelle Bankdienstleistungen am Schalter an | stark auf Technologie und digitale Lösungen ausgerichtet |
Standort | Netzwerk aus Filialen und Geldautomaten im Heimatland | kann sowohl im Heimatland des Kunden als auch im Ausland ansässig sein – oft vollständig digitale Dienstleistungen |
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