Mopstrend

Dem Hund komplett verfallen

| Lesedauer: 13 Minuten
Kathrin Spoerr

Der Mops ist schön und lustig und nicht leicht zu erziehen. Seine Herrchen oder Frauchen neigen dazu, ihn zu verwöhnen.

Nicht jeder Geschichte tut ein origineller Einstieg gut. Eine Geschichte zum Beispiel, die von Möpsen handelt, verträgt gar keinen originellen Einstieg. Sie muss mit Loriot beginnen. Loriot liebte Möpse. Nie hat er gesagt, dass er Hunde liebte. Es war immer nur von Möpsen die Rede. Das war sehr komisch.

Es ist schwer zu sagen, warum die Hunderasse der Möpse immer mit Humor verbunden wird. Auf kaum einer der zahlreichen Mops-Seiten im Internet fehlt der Hinweis darauf, wie lustig, wie gesellig, wie komisch Möpse sind. Und oft erfährt man, dass Herrchen und Frauchen dem Humor und der Geselligkeit der Tiere nicht nachstehen. "Wir sind immer zu Späßen aufgelegt, selten diszipliniert, aber immer charmant, auch beim Blödsinn machen", steht etwa auf der Seite "Die Berliner Möpse. Der Tempelhofer Eulenwinkel".

Es kann nicht daran liegen, dass Möpse besonders lustig aussehen. Oder nicht nur daran. Das tun sie zwar, aber auch andere Hunderassen sehen komisch aus. Der Boxer etwa oder die Bulldogge oder der Pekinese oder der Chihuahua oder der Malteser oder der Pitbull. Oder oder oder.

Vielleicht liegt es an jenem Satz, den auch Menschen kennen, die nicht Möpse, sondern Loriot lieben: "Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." Dieser schöne Satz ist von Loriot. Und auch dieser: "Der deutsche Humor hat seine Basis im Mopsbesitz", und dieser: "Möpse sind mit Hunden nicht zu vergleichen. Sie vereinigen die Vorzüge von Kindern, Katzen, Fröschen und Mäusen." Vielleicht hat Loriot den Mops zum komischen Hund gemacht.

Vielleicht war es aber auch umgekehrt: Haben die komischen Möpse Vicco von Bülow so komisch, ihn sogar zu "Loriot" gemacht? Eine belastbare Antwort auf diese Frage wird es wahrscheinlich niemals geben. Aber manchmal ist es ja auch so, dass die Frage wichtiger ist als die Antwort. Diese Frage ist so eine. Es ist gut, dass sie gestellt wurde.

Leichter fällt die Antwort auf eine andere Frage: "Wo kommen plötzlich all die vielen Möpse her?" Man sieht sie ja seit einiger Zeit überall. Vor ein paar Jahren war der Mops eine eher seltene Rasse. Sah man einen Mops, waren um ihn und sein zumeist betagtes Frauchen auch immer ausflippende Kinderhorden zu sehen. "Oooh ist der süß darf ich mal streicheln wie heißt der was ist das", quietschte es aus der Horde, und das Großmütterchen, dem der Mops gehörte, hatte seine liebe Not, die Kinder zu überleben. Auch der Mops hatte seine Not, die Kinder zu überleben. Dennoch lächelten beide. Und der Mops schnaufte und röchelte dazu. Wie viele Kinderhände auch immer sich an seinem Fell und an seinen Hautfalten zu schaffen machten, er ließ es bescheiden zu und gab keiner einzigen Kinderhand das Gefühl, unwillkommen zu sein. Und wie um die Kinderhände zu ermuntern, streckte er eine überraschend lange Mopszunge heraus und streichelte damit die Kinderhände zurück. So war es früher, als der Mops noch ein Exot war.

Doch heute ist es anders. Der Anblick des Mopses ist noch immer schön, aber nicht mehr selten. Er erfreut sich größter Beliebtheit. Vor ungefähr acht Jahren, als die Mopsmode ausbrach, hatten Züchter auf jeden Welpen bis zu 70 Anfragen. "Das hatte auch sein Gutes", sagt Mario Mies, Züchter aus Grunewald. "Man konnte sich den passenden Aspiranten aussuchen." Der ganz große Boom sei zwar abgeflaut, aber Mies legt beim Verkaufen noch immer Wert auf den passenden Käufer. So sieht er aus: freundlich, gesellig, nicht allzu ordentlich, nicht allzu aktiv, nicht allzu diszipliniert. Gern etwas stylish. Denn das sind auch die Charaktereigenschaften der Mopsrasse. "Wer einen Mops zum Apportierhund erziehen will, wird scheitern", sagt Mies, der selbst mit vier Möpsen das Leben teilt und beobachtet hat, dass Mopsbesitzer dazu neigen, ihr Haustier ein bisschen wie einen Menschen zu behandeln.

Zum Beispiel Manuela Vobach. "Wenn mein Mops Geburtstag hat, feiern wir das. Natürlich werden andere Möpse eingeladen", sagt die Inhaberin des Couturegeschäfts Moda Mo in der Giesebrechtstraße und seit vielen Jahren Mopsbesitzerin. Ihr Rüde heißt Fendi und ist schwarz, eine Farbe, die bei Möpsen gerade im Kommen ist. Und auch sonst steht Fendi in Sachen Mode und Lifestyle seinem Frauchen nicht nach. Er hat seinen eigenen Kleiderschrank und mag Halsbänder mit Glitzersteinen. Dennoch ist Fendi kein Snob. Seit er da ist, laufen die Geschäfte viel besser. Fast jeder Kunde, der den Laden betritt, verliert die Ehrfurcht vor den teuren Kleidern, sobald er Fendi gestreichelt und mit Fendis Besitzerin über Fendi geredet hat. Hundebesitzer reden immer gern über Hunde, auch mit Menschen, die keine Hunde besitzen. Mopsbesitzer sind da nicht anders.

Man sagt den Möpsen nach, dass sie sich ihre Herrchen und Frauchen aussuchen, dass sie sie erziehen, wahlweise auch verziehen. Jedenfalls nicht umgekehrt. Und auch das ist ein Mopsbesitzer in den Augen von Züchter Mies: "Ein bisschen bekloppt." Wer sich mit dem Gedanken befasst, einen Mops in sein Haus aufzunehmen, müsse damit rechnen, dieses Schicksal zu erleiden - was nach Mies' Erfahrung daran liegt, dass Mopsbesitzer ihrem Haustier, anders als Besitzer anderer Hunderassen, "sofort und komplett verfallen". So muss man sich den Mops und sein Herrchen oder Frauchen vorstellen: Er liegt gern auf dem Sofa. Mit Mops. Er schläft nicht allein im Bett. Sondern mit dem Mops. Er teilt seine Mahlzeiten. Mit dem Mops. Er hat einen besten Freund. Den Mops. Manchmal hat er auch zwei oder drei beste Freunde. Wenn er zwei oder drei Möpse hat.

Martina Ritscher hatte am Donnerstag noch zwei beste Freunde, Ottilie und Ludwig. Seit Freitag hat sie drei: Fritz, ein schwarzer Welpenrüde, kam ganz frisch dazu. Fritz ist, anders als Ottilie und Ludwig, ein Züchtertier, mit lupenreinem Stammbaum und Papieren. Bei Ottilie und Ludwig handelt es sich hingegen um "Notmöpse". Ritscher nahm sie zu sich, weil sie ausgesetzt worden waren. Dazu krank und mutterseelenallein.

"Ich tu' alles für meine Viecher", sagt Martina Ritscher. Und wenn sie Viecher sagt, klingt das so liebevoll, als würde sie über ihr Kind reden. Sie kocht für sie, sie führt sie aus, sie badet sie, sie lässt sie nie allein. Oder fast nie. Nur wenn Ritscher ins Theater oder ins Kino oder ins Restaurant geht, bleiben die Hunde in der Wohnung und leisten sich gegenseitig Gesellschaft. Ansonsten sind die Möpse bei ihr. Den ganzen Tag. Sie kommen mit in den Laden in Zehlendorf, in dem sie ihren Schmuck verkauft. Sie kommen mit zu Spaziergängen. Sie kommen auch mit ins Bett. Dass die Hunde schnarchen, stört sie nicht. "Wenn mein Mann schnarcht, stört mich das mehr", sagt sie.

Möpse sind Begleithunde. Sie können nichts, nur Gesellschaft leisten. Das können sie dafür sehr gut. Die Bestimmung des Mopses liegt darin, "einfach da zu sein." So drückt Züchter Mies es aus. Wer Höheres erwartet, wird enttäuscht werden. Schlimmer sind nach einhelliger Meinung aller Mopsianer nur die Mopsbesitzer, die sich solch ein Tier aus einer Laune heraus kaufen. Als Schnäppchen aus Polen oder der Ukraine, wo die Tiere in Massen herkommen. Dort werden sie meist wahllos vermehrt, sind darum krank und degeneriert. Aber billig. Sie werden oft im Kofferraum nach Deutschland importiert. Solche Tiere, die ihr Leben als "Kofferraummöpse" begannen, beenden es, wenn sie Glück haben, als "Notmöpse" bei guten Seelen wie Martina Ritscher. Wenn sie Pech haben, sterben sie auf Autobahnparkplätzen oder an Waldrändern oder wo sonst man sie einfach ausgesetzt hat. Ottilie, die Notmöpsin von Martina Ritscher, war sogar auf dem Oktoberfest in München "weggeschmissen" worden, wie Ritscher es ausdrückt.

"Der Mops ist ein Modehund geworden", sagt Jürgen Kutzelmann aus Treuenbrietzen. Und dann schnauft er ein bisschen, was bei einem Züchter solcher Tiere nicht verwundert, und fügt ein betrübtes "Leider!" hinzu.

"Wieso leider? Freut es Sie denn nicht, dass diese schöne Rasse immer mehr Freunde findet?" Und dann beginnt Kutzelmann zu klagen: von Menschen, die das Tier haben wollen, weil es süß oder weil es modern ist. Und dann nicht klarkommen mit den Eigenheiten der Rasse. Die Fellpflege vernachlässigen, die zweimal tägliches Bürsten fordert. Dann über Allergien klagen, weil das Tier seine losen Haare in der ganzen Wohnung verteilt. Das Tier zu stark füttern. Seinem ewigen Hunger ewig nachgeben. Und dann einen fetten Mops besitzen, dem es nicht gut gehen kann mit seinem Übergewicht. Dem Tier nicht die starke Hand geben, die es, seiner eigenwilligen, ein wenig störrischen Art wegen, braucht. Und dann einen ungehorsamen Hund heranziehen, der ihnen auf die Nerven geht. All das führt zur Frustration, schließlich zur Reklamation. Aber wer habe denn die Schuld daran? Die leichtsinnigen Mopskäufer! Und wer hat den Ärger? Er, der Züchter!

Der Mops ist nicht die erste Rasse, die das Schicksal zu einem Modeaccessoire machte. Das waren schon: Labrador, Dalmatiner, Beagle, West Highland, Jack Russel. Und noch etwas früher, schon fast vergessen: Cocker Spaniel und Collie.

Im Falle des Mopses hat die neue Beliebtheit nicht nur Negatives bewirkt. Der Verband für das deutscher Hundewesen hat sein Anforderungsprofil verschärft. Zur Prüfung der Kniegelenke ist der Belastungstest für jeden Welpen hinzugekommen, obwohl die Rassestandards für den Mops in England festgelegt werden. Ambitionierte deutsche Züchter lassen zusätzlich die Augen und die Hüfte jedes Welpen überprüfen. Die rassetypischen Degenerationserscheinungen nehmen deswegen derzeit eher ab. Ein gesunder Mops kann mehr ab, als ihm landläufig zugetraut wird. Er kann toben und rennen und ziemlich alt werden. Nur eins kann ein deutscher Mops nicht. Fassen und beißen. Wie soll er auch? Von Kindern, Katzen, Fröschen und Mäusen wird das auch nicht erwartet. Und daraus ist er ja - wie Loriot meinte - zusammengesetzt, der Mops.

Alles für den Mops

Die Mopsgemeinschaft Seit 2010 findet in Berlin einmal jährlich ein Mopstreffen statt. Veranstaltet wird das Treffen von Berliner Möpse. Zum Tempelhofer Eulenwinkel. Höhepunkt des Treffens ist das Mopsrennen, für das man sich gesondert anmelden muss. Teilnahmegebühr: 5 Euro. www.berlinmops.de

Der Mopsshop Wer für seinen besten Freund nur das Beste will, achtet auch beim Einkaufen auf Qualität und Originalität. Bestens versorgt werden Mopsfreunde bei www.molly-mops.de . Hier kann man alles kaufen, was Mops und Mensch glücklich macht, einen exklusiven Liegeplatz, Schmuckhalsband, Mopskleidung, aber auch edlen Schmuck fürs Frauchen.

Das Mopshotel Auch Mopsfreunde machen Urlaub. Und nicht immer kann man den Hund mitnehmen. Möpse wollen und können nicht allein sein, erst recht nicht im Zwinger gehalten werden. Im Hundehotel "Bello Inn" vor den Toren Berlins wohnen kleine Hunde in beheizbaren Zimmern und werden 24 Stunden am Tag von ausgebildeten Hundebetreuern versorgt. Das Hotel ist auf Möpse spezialisiert. www.bello-inn.de

Der Sorgenmops Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteiltes Glück ist doppeltes Glück. Wer mit seine Mopsglück und Mopsleid nicht allein bleiben mag, kann sich im Internet mit anderen Mopsianern zum Gedankentausch treffen: www.my-mops.de/forum