Elle Macpherson empfängt in ihrer Suite im Berliner Ritz. Sie ist angespannt aber extrem gut gelaunt, trägt angewetzte Jeans zu einem Edel-Top und orientalische Slipper, die sie im Laufe des Gesprächs auszieht. Zur Begrüßung öffnet sie ein Glas Schokorosinen, bietet an und nimmt sich selbst welche.
Morgenpost Online: Schokoladenrosinen bei Ihrer Figur? Ist das Ihr Laster?
Elle Macpherson: Oh nein, meine Sünden sind Espresso und Bitterschokolade – je mehr Kakao, desto besser. Am liebsten roh.
Morgenpost Online: Weil da weniger Fett drin ist?
Macpherson: Nein, ich mag es einfach lieber.
Morgenpost Online: In Köln gibt es ein Schokoladenmuseum, wäre das was für Sie?
Macpherson: Ein großartiger Tipp, aber ich bin nur für einen Tag zum Launch meiner Kollektion. Das müssen Sie dringend aufschreiben: (Kramt eine braune, kastenförmige Hornbrille hervor und liest vom Blatt) Meine Unterwäsche gibt es ab heute in Berlin, Mannheim, Hamburg, Stuttgart und München. Bis Frühling 2010 werden wir in 300 Läden in insgesamt elf Ländern vertreten sein.
Morgenpost Online: Sie expandieren mitten in der Krise. Glauben Sie, dass die Menschen jetzt mehr Lust haben auf eine Art von Luxus, die unauffälliger ist als zum Beispiel ein Pelzmantel?
Macpherson: Ja, ich glaube, die Menschen investieren in Krisenzeiten eher in emotional besetzte Dinge wie Dessous. Mir gefällt das. Ich mag auch diesen Kontrast zwischen Außen und Innen. Ich habe Spaß daran, zerrissene Jeans und gleichzeitig einen Spitzen-BH unter dem Top zu tragen.
Morgenpost Online: Es heißt, an Schuhen erkenne man Menschen. An Unterwäsche auch?
Macpherson (lacht): Natürlich, wer Elle Macpherson Intimates kauft, zeigt seinen guten Geschmack.
Morgenpost Online: Sehen Sie einer Frau auf der Straße an, welche Dessous sie trägt?
Macpherson: Nein, ich habe ja keinen Röntgenblick. Was ich aber sehen kann ist, ist die Größe. Sie zum Beispiel haben 95 C.
Morgenpost Online: Stimmt nicht.
Macpherson: Das sollten Sie aber tragen. Ich sehe, ob die Wäsche funktioniert. Unterwäsche ist die Architektur des Körpers, sie gibt ihm seine Form. Ich habe sehr genaue Vorstellungen davon, wie ein Körper aussehen sollte, Unterwäsche hat viel damit zu tun.
Morgenpost Online: Angeblich hat jede Frau einen „Erfolgs-BH“ hat, den sie beim entscheidenden Date anzieht. Ist das nur eine Männerfantasie?
Macpherson: O nein, in England, wo ich lebe, tragen viele Frauen nur an einem Tag in der Woche besondere Wäsche – „Samstagnachtschlüpfer“, die ihnen Glück in der Liebe bringen sollen. Ich möchte, dass jede Nacht eine Glücksnacht ist. Ich mache Dessous nicht nur für Samstagnacht, damit dein Freund sie dir runterreißt.
Morgenpost Online: Sollte man bei dem ersten Date sexy Unterwäsche tragen, oder erschreckt das einen Mann eher?
Macpherson: Aaaahhh, wo wird dieses Gespräch enden? Ich halte nichts von einem Dessous-Protokoll. Aber gut, was sollte man anziehen? Ich denke, es sollte etwas sein, das die eigene Persönlichkeit widerspiegelt. (lacht) Und ja – etwas Sauberes sollte es in jedem Fall sein.
Morgenpost Online: In Zeiten der Gleichberechtigung – ist es immer noch in Ordnung, wenn ein Mann einer Frau Dessous kauft?
Macpherson: Absolut. Das ist romantisch und sexy und es ist toll, wenn Männer mal darüber nachdenken, welche Dessous sie selbst eigentlich mögen. Natürlich sollte ein Mann sich daran orientieren, was seine Freundin trägt. Er muss in ihrem Kleiderschrank nachschauen: Welche Größe trägt sie, mag sie lieber gefütterte BHs oder BHs mit Bügel? Eine Frau kann eine Menge über einen Mann lernen, allein durch die Wäsche, die er für sie kauft.
Morgenpost Online: Wo liegt die Grenze zwischen Dessous, die eine selbstbewusste Frau trägt und solchen, die sie zum Sexualobjekt machen?
Macpherson: Alles ist erlaubt. Es soll schließlich Spaß machen.
Morgenpost Online: Sind Sie schon mal vor einem bestimmte Design zurückgeschreckt?
Macpherson: Nein, ich habe schon Höschen ohne Schritt gemacht, Strapse, BHs mit kleinen Löchern an entscheidenden Stellen, für den Valentinstag, einfach alles.
Morgenpost Online: Alles?
Macpherson: Ja, meine Dessous spiegeln meine Persönlichkeit wider und die Dinge, die ich mag. Ich bin eben vielseitig, „I am every woman“, wie Whitney Houston sagen würde.
Morgenpost Online: Wird ihre Wäsche in Deutschland erfolgreich sein?
Macpherson: Ich bringe meine Dessous nicht einfach aus Lust und Laune auf den deutschen Markt. Ich bin eine Geschäftsfrau, die seit Jahren weltweit großen Erfolg hat. Und keine Promifrau, die sagt, oh, schau mal, jetzt mache ich auch eine Wäschelinie.
Morgenpost Online: Das klingt so, als würden sie jemand Bestimmtes meinen. Nervt Sie der Trend, dass so viele Ex-Topmodels Unterwäsche entwerfen?
Macpherson: Nein, ich finde das toll. So viele Menschen interessieren sich für Unterwäsche. Ich empfinde das nicht als Konkurrenz. Als wir die Kollektion in England auf den Markt brachten, kauften die Leute „drei für zwei“ bei Marks and Spencer, jetzt sind wir dort Marktführer.
Morgenpost Online: Ihr Spitzname ist „The Body“ – aber der Bulimie-Chic der Models, die man momentan in den Magazinen sieht, wirkt eher wie „The Non-Body“. Was sagen Sie zu der Entwicklung?
Macpherson: Ich erlaube mir kein Urteil. Das ist nicht meine Sache, ich mache BHs.
Morgenpost Online: Aber ihre BHs werden auch von Models vorgeführt.
Macpherson: Die dünnen Models sind eben eine Phase der Mode-Industrie. Irgendwann war es mal schick, große Brüste zu haben wie Jayne Mansfield, dann sollte man wieder androgyn sein wie Mia Farrow, alles ändert sich. Ich schreibe den Leuten nicht vor, welches Gewicht sie haben sollten. Ich finde, jede Körperform hat ihre Reize.
Morgenpost Online: Sie sind 46 Jahre alt und modeln immer noch. Sollte es mehr Models über 40 geben?
Macpherson: Die gibt es doch. Ganz viele wunderschöne Frauen!