Sie ist trotz ihres hohen Alters von 51 Jahren die beliebteste Frau unter jungen Mädchen. Nicht einmal ihre Größe von 29,2 Zentimetern und ihr Fliegengewicht von 206 Gramm scheinen der unsterblichen Liebe keinen Abbruch zu tun. Ihre helle Kunststoffhaut, ihre zart-rosa Lippen und langen blonden Haare lassen einfach jedes weibliche Kinderherz dahinschmelzen.
Die Rede ist natürlich von Barbie – dem Püppchen schlechthin.
Sie stammt aus Willows, Wisconsin, hat die Willows Highschool besucht und wurde 1959 vom Spielwarenhersteller Mattel entdeckt. Das erste Mal erschien sie in dem heute berühmtenschwarz-weiß gestreiften Badeanzug, trug einen Pferdeschwanz und wurde für drei Euro verkauft. Exemplare aus diesem Jahr sind heute unter Sammlern bis zu 27.450 Dollar wert.
90 Prozent der Mädchen zwischen drei und zehn Jahren besitzen weltweit mindestens eine Barbie Puppe. Im Durchschnitt sind es sogar 12 Exemplare pro Kind, die sich in den Kinderzimmern der Mädchen in diesem Alter zu Hause fühlen.
Bisher besaß Barbie 50 Haustiere, inklusive Hunde, Pferde, Katzen, einem Papagei und einem Schimpansen. In ihrer Laufbahn als erfolgreichste Puppe verkörperte sie 50 Nationalitäten und war 43 Jahre lang mit demselben Mann zusammen – Ken (heute 49 Jahre alt). Doch am Valentinstag 2004 trennten sich die beiden.
Barbie hat Outfits für 108 Berufe
Sie ist die Claudia Schiffer unter den Puppen, wurde von mehr als 70 berühmten Designern wie zum Beispiel Karl Lagerfeld oder Christian Louboutin eingekleidet und besitzt Outfits für mehr als 108 Berufe: von der Formel-1-Pilotin über die Tierärztin bis hin zur Geschäftsfrau. Keine andere Plastikfrau weltweit kann solch einen Erfolg vorweisen.
Doch jetzt bekommt Barbie Millicent Roberts (ja, so heißt sie wirklich) Konkurrenz. Neue Puppen, die immer im Rudel auftauchen, könnten bald sogar Barbie-Fans von ihren Qualitäten überzeugen.
Und das, obwohl die Figuren knapp einen Kopf kleiner sind (Größe: ca. 25 Zentimeter) als ihr erwachsenes Vorbild und noch längst nicht so viel Erfahrung im harten Spielzeug-Business aufweisen können. Aber mit ihren unrealistisch großen Augen und dem verschmitzten Lächeln können sie locker mit Barbie mithalten. Sie heißen Bratz (Gören), Moxie Teenz (Mutige Teenies) oder BFC-Dolls, sind ab 15 Euro erhältlich und erobern gerade den internationalen Spielzeugmarkt.
Die so genannten Bratz – die wohl bekannteste Puppen-Clique unter den Kunststoff-Newcomerinnen, die 2001 zum Leben erweckt wurden, breiten dem Barbie-Hersteller Mattel Sorgen. Schon 2008 setzte die Firma vor Gericht durch, dass MGA Entertainment 100 Millionen Dollar zahlen muss, weil der ehemalige Mattel-Designer Carter Bryans mit den neuen Puppen angeblich das Barbie-Copyright verletzte.
Vor einer Woche versuchten die Barbie-Eltern erneut, die Konkurrenz endgültig vom Markt verschwinden zu lassen, indem sie dem gegnerischen Puppenhersteller vorwarfen, die Idee für Bratz von Mattel geklaut zu haben – erfolglos. „Mattel kann nicht ein Monopol für Modepuppen mit frechem Aussehen oder Eigenschaften oder für sportliche und modische Puppenkleidung beanspruchen. Das sind alles nicht schützbare Ideen“, urteilte das Gericht im vergangenen Monat.
Insbesondere die individuellen Eigenschaften, wie zum Beispiel bei den Bratz-Puppen, machen Mattel besonders große Sorgen. Die vier Mädels Cloe, Jade, Sasha und Yasmin sind ganz unterschiedliche Typen. Die Blondine Cloe beschreibt sich auf ihrem Blog – den gibt es wirklich – als verspielt und flirty. In ihrer Freizeit fotografiert sie gern und dreht Filme. Jade ist brünett, bezeichnet sich als ultimative Fashionista, die abenteuerlustig ist und bei ihren Freunden besonders beliebt, weil sie Humor hat. Sasha mit dem Bob-Schnitt hat größere Pläne: sie will Plattenproduzentin mit eigener Modelinie werden. Die Ruhige im Freundeskreis ist die dunkelblonde Yasmin. Sie verkörpert eher den nachdenklichen Typ, schreibt und singt gerne und trägt alternative Kleidung.
Bratz-Puppen sind individuell
MGA Entertainment versucht den leblosen Kunststofffiguren detailgenau Charakter einzuhauchen. Selbst vor eigenen animierten Fernsehsendungen zu den einzelnen Cliquen macht der Spielzeughersteller nicht halt. Passend zu den jeweiligen Hobbys und Eigenschaften werden natürlich entsprechende Accessoires angeboten. So gibt es zur Puppe „Jade“ ausgefallene High-Heels und Outfits. Wenn man sich für „Yasmin“ entscheidet, wird gleich eine Ladung kleiner Plastikbücher mit geliefert.
Ähnlich ist es bei den vier Moxie Teenz Melrose, Bijou, Tristen und Arizona, die mit ihrer Auswahl an Ballerinas, High Heels und Stiefeln locker mit den aktuellen Trends mithalten können. Addison, Calista, Kaitlin und Aliesha, die fünf ungeschminkten Mädchen des BFC (Best Friends Club), haben Flechtfrisuren, tragen trendige Nerd-Brillen und laden auf ihrer eigenen Homepage sogar zum Chatten ein. Die Plastik-Mini-Mes bieten also Identifikationsmöglichkeiten und jedes Mädchen kann die Puppe für sich entdecken, die die gleichen Hobbys und Lebensziele verfolgt. Genau in diesem Punkt könnte Barbie nämlich das Nachsehen haben. Denn ihr einziges Manko ist, dass sie in ihrer rosa-roten Welt zwar sämtliche Türen zur Berufwelt aufgestoßen und Chefsessel besetzt hat und für weibliches Selbstbewusstsein steht – wirkliche Mädchen sich aber immer noch für die selben Berufe wie vor 50 Jahren entscheiden. Platz 1: Sekretärin, Platz 2:Verkäuferin, Platz 3: Arzthelferin.
Vielleicht schaffen es ja die modernen, emanzipierten Barbie-Konkurrenzpuppen das zu ändern und ihr Selbstbewusstsein an ihre Puppen-Mamis weiter zu geben.
Bleibt die Frage, ob die Frau, die alles kann, nicht trinkt oder raucht und auch um keine Falte im Gesicht altert, mit den jungen Plastik-Hüpfern mithalten kann und nicht in deren Schatten verschwindet.
Vorerst dürfte es noch nicht soweit sein – schließlich bringt sie Mattel jährlich 3,6 Milliarden Dollar ein und gilt auch heute noch als das „meistverkaufte Spielzeug der Welt“.
Doch auch wenn Barbie eine ewig junge Zukunft bevorsteht, muss sie wohl nach und nach Platz in den Kinderzimmern der Welt machen.