Berlin. Geht es nach aktuellen Umfragen, wünscht sich eine Mehrheit der Menschen in Deutschland Annegret Kramp-Karrenbauer als neue CDU-Chefin. Doch entscheiden werden am kommenden Freitag die Delegierten des CDU-Parteitags. Und da sieht es knapper aus: Friedrich Merz und auch Jens Spahn haben auf den Regionalkonferenzen der Partei viele positiv überrascht.
Umso passender, dass Kramp-Karrenbauer sich am Sonntagabend bei „Anne Will“ einem breiten Publikum zeigte. Thema war die neu entflammte Ukraine-Krise. Wie hat sich die Kandidatin geschlagen?
Kramp-Karrenbauers gefährliche Nähe zu Merkel
Sollte Kramp-Karrenbauer sich gegen ihre Konkurrenten durchsetzen, könnte sie bald Kanzlerin werden – und müsste dann auch mit Putin verhandeln. Vor diesem Hintergrund versuchte die CDU-Generalsekretärin bei „Anne Will“, eine eigene außenpolitische Position zu entwickeln.
Wie immer unterlag sie dabei der großen Schwierigkeit, sich von Angela Merkel abgrenzen zu müssen – ohne sich aber zu eindeutig gegen die Kanzlerin zu positionieren, in deren Tradition sie gewissermaßen steht.

Kramp-Karrenbauer fordert härtere Sanktionen
Konkret sah das dann so aus, dass sich Kramp-Karrenbauer zunächst sträubte, die Vorgehensweise der Kanzlerin als zu lasch abzutun. Dabei fordert sie nach dem Zwischenfall im Asowschen Meer härtere Sanktionen gegen Russland.
War die bisherige deutsche Politik also unzureichend? „Putin wird den Konflikt weitertreiben, bis er an einen harten Punkt stößt“, bejahte Kramp-Karrenbauer schließlich indirekt.
Forderungen reichen nicht besonders weit
Doch würde die Kandidatin als Kanzlerin wirklich einen härteren Kurs fahren? Bei genauerer Betrachtung reichen Kramp-Karrenbauers Sanktionsforderungen nicht besonders weit.
Russische Schiffe aus dem Asowschen Meer sollen ihrer Vorstellung nach nicht mehr in der EU anlegen dürfen. Dann werden die Waren wohl von anderen russischen Frachtern ausgeliefert werden. Ob Putin das wirklich kratzt?
Kramp-Karrenbauer windet sich
Dass mit Kramp-Karrenbauer kein außenpolitischer Paradigmenwechsel Einzug halten würde, wurde auch beim Thema Nordstream 2 deutlich. Die Pipeline wird den Anteil russischen Gases am deutschen Energiemarkt erhöhen. Wäre es nicht ein klares Signal an Putin, das Projekt zu stoppen?
Hier wand sich Kramp-Karrenbauer merklich. Zuerst versuchte sie, eine klare Antwort unter Verweis auf die juristischen Unwägbarkeiten schuldig zu bleiben. Doch abseits davon könnte die Bundesregierung doch zumindest die politische Unterstützung entziehen.
Anne Will: „Aber Sie können doch Haltung zeigen!“
„Ich will nicht mit etwas drohen, das wir hinterher nicht umsetzen können“, sagte die Kandidatin schließlich. „Aber Sie können doch eine Haltung zeigen, dafür wollen Sie doch gewählt werden!“, erwiderte blitzschnell die Gastgeberin.
Dazu kam es dann, wenn auch etwas verklausuliert. „Diese Position ist mir zu radikal“, sagte Kramp-Karrenbauer schließlich zu der Forderung. Die Energieversorgung über Russland habe immer funktioniert. Allerdings müsse man noch mal innerhalb der EU sprechen.

Das Fazit
Ob dieser außenpolitische Auftritt von Annegret Kramp-Karrenbauer den Delegierten des CDU-Parteitags gefallen hat? Schwer zu sagen: Der Versuch einer eigenen Positionierung ist bei „Anne Will“ gescheitert. Alle wichtigen Informationen zum CDU-Parteitag.
Dafür zeigte die Kandidatin, dass sie die deutsche Außenpolitik wohl seriös führen und analysieren würde – eine wichtige Kanzlerinnenkompetenz.
Eine Hardlinerin, das wurde zwischen den Zeilen deutlich, ist Kramp-Karrenbauer beim Thema Russland jedenfalls trotz mancher markiger Worte nicht.
„Es kommt auf die Stärke der Position an, nicht auf den Habitus“, sagte sie mit Blick auf Putin. Ganz richtig, doch warum nur fordert sie dann das bloße Symbol eines Anlegeverbots?