Fernsehen

Aus dem Raser-„Polizeiruf“ hätte man mehr machen müssen

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Frank Preuß

Foto: MDR/filmpool fiction / MDR/filmpool fiction//Stefan Erh

Im „Polizeiruf 110: Crash“ ermittelt das Magdeburger Duo in der illegalen Autorennen-Szene. Doch der Krimi ist höchstens Durchschnitt.

Berlin.  Bei Tempo 180 schließt man als Fahrer am besten für einen Moment die Augen, um den Rausch auf der Straße voll zu genießen. So passiert’s im neuen „Polizeiruf 110: Crash“, denn der entführt uns für anderthalb Stunden in die Magdeburger Raser-Szene. Eigentlich keine schlechte Idee, sich damit einmal in einem Krimi zu befassen.

Die guten Absichten sind bei Wolfgang Stauch (Drehbuch) und Torsten C. Fischer (Regie) unverkennbar. Die Typen, die sie als rücksichtslose Raser präsentieren, sind so unsympathisch wie nötig, leider aber auch auffällig maßgeschneidert: Da gibt’s den reichen Schnösel-Junior (Anton Lucke), den Kleinkriminellen (Dirk Borchardt), den tumben Prolo (Gerdy Zint), den protzigen Zocker (Jeff Wilbusch), dem die Kredithaie im Nacken sitzen, und ein schlichtes Gemüt mit Herz (Dennis Mojen). Dezent gehen die Darsteller ihrer Arbeit nicht unbedingt nach, man hat sie schnell in den entsprechenden Schubladen einsortiert.

Kommissare sind dem Zuschauer immer Schritt voraus

Es war offenbar einer der Wettfahrer, der in der Nacht eine junge Frau überfahren und sterbend zurückgelassen hat. Der Vater des Opfers frisst den Schmerz in seiner Plattenbauwohnung in sich hinein, aber dass der Mann jederzeit explodieren kann, daran lässt der Film keinen Zweifel: Unvermittelt rammt er seine Faust durch eine Fensterscheibe. Das wirkt ein bisschen dicke, aber Ben Becker, den man so häufig nicht mehr sieht im Fernsehen, liefert in dieser starken Nebenrolle die wenigen Momente, an die man sich auch später noch erinnert.

Das Ermittlerduo Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und Dirk Köhler (Matthias Matschke) versucht die Halbstarken mit Zeugenschutz-Angeboten gegeneinander auszuspielen, um den Täter zu erwischen. Mindestens zwei der Burschen kannten das Opfer offenbar privat. Fischer inszeniert die Verhöre in diesem sonst sehr konventionellen Krimi durchaus clever, lässt nur Bruchstücke nach außen dringen. Die Kommissare sind so immer einen Schritt weiter als der Zuschauer, ehe der gebündelt erfahren wird, was die Kerle ausgeplaudert haben.

Ermittler-Duo wirkt ermattet

Und doch geht dem Film flugs die Puste aus, er dümpelt inmitten schneller Autos vor sich hin. Das liegt auch daran, dass die Hund-Katz-Konstellation zwischen Matthias Matschke und Claudia Michelsen trotz beider schauspielerischer Qualitäten nicht mehr trägt: Die Schärfe ist raus, sie wirken matt. Dass Matschke den „Polizeiruf“ verlässt, ist nachvollziehbar: Das Spielchen ist ausgereizt.

Abermals debattieren Brasch und Köhler ihre kontroversen Ermittlungsmethoden. Sie gibt die Coole, die bei 240 Stundenkilometern am Steuer völlig entspannt bleibt, er den empathischen Familienvater, das gute Gewissen des Reviers. Der verständnisvolle Chef (Felix Vörtler) schickt beide diesmal nicht zum Psychologen. Da ist eben nichts mehr zu retten.

Fazit: Starkes Thema, aus dem man mehr machen muss. So bleibt es Fernsehdurchschnitt. Wohlwollend betrachtet.

ARD, Sonntag, 23. September, 20.15 Uhr