Berlin. Die vergangene Bundestagswahl hat gezeigt, was mancher Parteiforscher schon länger prognostiziert: Dass die großen Volksparteien bald auch in Deutschland der Vergangenheit angehören könnten. Der Trend scheint sich seit September fortgesetzt zu haben. In manchen Umfragen kommen Union und SPD gemeinsam nicht einmal mehr auf 50 Prozent. Im Osten des Landes droht gar die AfD stärkste Partei zu werden.
Diese Entwicklung wurde am Donnerstagabend auch von Sandra Maischberger thematisiert. Dabei ließ die Gastgeberin eine prominente These diskutieren: Muss die Union einfach wieder rechter und die SPD wieder linker werden, um den Trend umzukehren?
Linke SPD: Die Befürworterin
Für eine linke SPD stritt Annika Klose. „Die SPD hat massiv an Glaubwürdigkeit eingebüßt, wir haben zum Beispiel nie die Regierung Schröder aufgearbeitet“, sagte die Berliner Juso-Vorsitzende. Wenn endlich mal Schluss sei mit neoliberaler Politik, werde sich die Partei erholen, prognostizierte sie.

Zugleich warb Klose darum, die große Koalition zu verhindern, um eine Erneuerung der Partei herbeizuführen. „Es geht nicht nur um das Personal, sondern vor allem um die Inhalte: Wir brauchen ein neues Programm.“
Linke SPD: Die Gegnerin
Gegen eine solche Strategie sprach sich Katarina Barley aus. „Wir können nicht einfach vier Jahre von der politischen Bühne verschwinden und hoffen, dass wir davon profitieren“, sagte die Familienministerin. Vielmehr müsse die SPD jetzt in der Regierung zeigen, dass sie ihre Politik durchbringen könne.
In dieser Hinsicht gab sich Barley pragmatisch. „Man muss unterscheiden zwischen dem Theoretischen und der Realpolitik“, sagte sie an Klose gewandt. Natürlich sei ein linkes Bündnis ihr lieber, doch sei dies nun mal nicht möglich. „Die Menschen erwarten von uns nicht, dass wir hundertprozentige SPD-Politik durchkriegen. Sie erwarten von uns, dass wir real etwas verändern.“
Rechte CDU: Die Befürworterin
Und die CDU? Sollte sich klar rechts positionieren, forderte Birgit Kelle. Als Hauptproblem der Partei machte die konservative Publizistin aus, dass der Markenkern völlig abhanden gekommen sei. „Es gibt keinen Unterschied mehr zur SPD, zum Beispiel bei der Familienpolitik“, kritisierte Kelle.
Konkret kritisierte Kelle in dieser Hinsicht, dass die CDU Familien aus dem Blick verloren hätte, die ihre Kinder oder erst später in Kitas geben möchte. Doch auch sonst seien frühere Kernpositionen aufgegeben worden. „Wo ist das Leistungsprinzip, wo ist die Eigenleistung?“, fragte Kelle.
Rechte CDU: Die Gegnerin
Gegen diese Einschätzung stellte sich Monika Grütters. Zwar habe sich das klassische Parteiensystem, in dem eine große mit einer kleinen Partei regieren könne, tatsächlich erledigt, befand die CDU-Politikerin. Auch müsse die CDU wieder stärker konservative Wähler binden, etwa beim Thema Sicherheit. Aber: „Am Ende werden alle Wahlen in der Mitte gewonnen.“
Wirkung in der Breite statt in der Nische, dass benannte Grütters auch innerparteilich als entscheidenden Punkt. „Wichtig ist, dass wir die Flügel mitnehmen, nur so bleiben wir Volkspartei.“ Auch sei eine Erneuerung wichtig, diese sei aber bereits im Gane. „Wir sind erst am Beginn eines Häutungsprozesses.“
Der Kritiker
Sowohl gegen einen Linksruck der SPD als auch gegen einen Rechtsruck der CDU sprach sich Hans-Ulrich Jörges aus. „Die CDU hat einen konservativen Wahlkampf geführt und verloren“, sagte der Stern-Kolumnist. Und die SPD kämpfe noch immer mit „dem Wahn, unbedingt die Agenda von Gerhard Schröder abwickeln zu wollen“.
Jörges Lesart zufolge hat beides nichts genutzt, weil der komplette Ansatz überholt sei: „Die Fragen der Zukunft werden nicht nach dem Rechts-Links-Schema gelöst.“ Stattdessen werde von den Volksparteien erwartet, dass sie große Antworten auf die großen Zukunftsfragen geben. Das aber fehle auch im neuen Koalitionsvertrag völlig.
Das Fazit
Diese Ausgabe von „Maischberger“ war anstrengend. Zwar machten die Gäste zur eigentlichen Frage viele wichtige Punkte, doch musste der Zuschauer sehr genau aufpassen, um diese auch mitzukriegen. Ursächlich war zumindest zum Teil eine konfuse Gesprächsführung der Gastgeberin. Erst spät stellte Sandra Maischberger konkrete Fragen wie: „Was für eine konservative Politik wünschen Sie sich von der CDU, Frau Kelle?“
Stattdessen ging es vorher viel um das mögliche Nein der SPD zur Groko, eine Wahlanalyse – und die AfD. „Es geht mir auf den Zeiger, dass wir hier schon wieder zehn Minuten über die AfD geredet haben“, sagte gleich nach den ersten zehn Minuten Katarina Barley. Recht hatte sie.
Zur Ausgabe von „Maischberger“ in der ARD-Mediathek