Goldene Kamera: Steven Gätjen lobt Serien-Niveau in Deutschland
Goldene Kamera
Steven Gätjen findet Serien-Niveau in Deutschland sehr hoch
| Lesedauer: 9 Minuten
Alexander Attimonelli
Steven Gätjen moderiert zum zweiten Mal die Goldene Kamera.
Foto: Goldene Kamera
Im Interview spricht Steven Gätjen über seinen Einsatz als Goldene-Kamera-Moderator. Und er schätzt die Chancen der Nominierten ein.
Hamburg.
Auf ein Neues! Wenn Steven Gätjen am 22. Februar ab 20.15 Uhr live im ZDF zum zweiten Mal die große Galashow der Goldenen Kamera moderiert, ist der 45-jährige Hamburger wieder in seinem Element. Bevor Gätjen aber wieder im goldenen Auftrag auf der Bühne steht, stand er im Interview Frage und Antwort.
Goldene Kamera: Mit welchem Gefühl gehen Sie in Ihre zweite Moderationsrunde?
Steven Gätjen: Da hat sich im Vergleich zur letzten Verleihung nicht viel geändert. Im letzten Jahr bin ich mit sehr viel Vorfreude an den Start gegangen und meine Erwartungen wurden übertroffen. Es war ein tolles Erlebnis und ich kann eigentlich immer noch nicht glauben, dass ich die Goldene Kamera moderieren durfte.
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Deswegen freue ich mich auch auf das zweite Mal wie ein kleines Kind! Für mich ist das Spielzeug- und Süßwarenladen in einem. Ich bin ja nicht nur Moderator, sondern auch Zuschauer. Ich will Stimmung in die Bude bringen und gleichzeitig genießen, überrascht werden und ganz viel Spaß haben.
Auf was freuen Sie sich bei der Gala 2018 besonders?
Gätjen: Ich freue mich auf die Begeisterung der Preisträgerinnen und Preisträger über ihre Auszeichnung, überraschende Momente in den Laudationes, die Stimmung in Publikum. Und natürlich auch das spontane Reagieren auf unerwartete Situationen. (lacht)
Wie schätzen Sie die Bedeutung von Preisverleihungen ein?
Gätjen: Ich halte solche Preisverleihungen und vor allem die Goldene Kamera als prestigeträchtigsten Preis Deutschlands für äußerst wichtig, weil damit die tollen Leistungen vieler Kolleginnen und Kollegen in der Medienbranche honoriert werden.
Das Publikum kriegt bei uns klar vor Augen geführt, was wir im deutschen Fernsehen zu leisten vermögen, und das im Vergleich mit den Besten der Welt. Meine Aufgabe ist es, dem Zuschauer zu zeigen: Das sind Menschen wie du und ich, die mit viel Leidenschaft ihren Job machen.
Wo wir gerade vom Publikum sprechen: Unsere Leser und Online-User haben „Die Höhle der Löwen“, Tim Mälzers „Kitchen Impossible“ und Horst Lichters „Bares für Rares“ ins Finale der Publikumswahl 2018 berufen. Wie beurteilen Sie als Fernsehmann die Formate? Zu Letzterem haben Sie ja eine ganz besondere Beziehung...
Gätjen: Ich bin da in der Tat nicht so ganz objektiv. Horst ist ein toller Mensch. Ich habe unsere Co-Moderation bei den Abend-Shows von „Bares für Rares“ sehr genossen. Es ist bewundernswert, wie er mit seinen Gästen umgeht.
Tim ist eine typische Hamburger Kod derschnauze. Ein Kollege und guter Kumpel, furchtlos und direkt – das mag ich. „Die Höhle der Löwen“ finde ich von den vorgestellten Ideen her spannend. Das Wettbieten und die Ratschläge sind allerdings nicht so mein Ding.
Gibt es für Sie noch andere Highlights, wenn Sie beim Fernsehen mal keine Lust auf Filme oder Serien hast?
Gätjen: „The Voice“ mag ich auch sehr. Ich bin immer wieder total geflasht von dem, was die Kandidatinnen und Kandidaten da abliefern. Und ich gucke gerne die „heute show“. Manchmal zucke ich regelrecht zusammen und muss mich kneifen, weil ich nicht glauben kann, was Oli Welke & Co. da machen. Super!
Und wie sieht es im Bereich fiktionaler Unterhaltung aus? In der Kategorie „Bester deutscher Fernsehfilm“ wurden von unserer Jury in diesem Jahr mit „Ein Kommissar kehrt zurück“, „Angst – Der Feind in meinem Haus“ und „Jürgen – Heute wird gelebt“ zwei Thriller und eine Komödie nominiert. Zu welchem Genre fühlen Sie sich bei einem gemütlichen Fernsehabend eher hingezogen und warum?
Gätjen: Das ist ehrlich gesagt eine ganz schwierige Frage. Ich fühle mich grundsätzlich in jedem Genre wohl, das hängt bei mir nur von der Tagesstimmung ab. Die einzige Voraussetzung: Die Geschichte muss mich packen, emotional oder intellektuell.
Angesichts der Flut an deutschen Fernsehkrimis bin ich aber momentan in diesem Genre ein bisschen selektiver in meiner Auswahl.
Dann lassen Sie uns zur Jury-Auswahl in der Kategorie „Bester deutscher Schauspieler“ kommen. 2018 sind Oliver Masucci, Volker Bruch und Edin Hasanovic nominiert. Haben Sie zu einem von ihnen eine besondere Beziehung?
Gätjen: Ich hatte schon das Vergnügen, alle drei kennenzulernen und zu interviewen. Deswegen ist es extrem schwer, Farbe zu bekennen. Ich mag alle drei als Schauspieler sehr, aber in Edin bin ich schon ein bisschen verknallt. Der ist einfach ein Kerl mit dem Herzen am richtigen Fleck und ein Instinktschauspieler. Man hat einfach das Gefühl, da explodiert jedesmal eine emotionale Bombe vor der Kamera. Top!
Gleiches Spiel wie bei den Herren: Als „Beste deutsche Schauspielerin“ 2018 sind Petra Schmidt-Schaller, Anja Kling und Karoline Eichhorn nominiert. Liegen Ihnen eine der Damen besonders am Herzen?
Gätjen: Drei unfassbar wandelbare Top-Schauspielerinnen, die alle eine Menge toller Filme im Kino und Fernsehen auf dem Buckel haben. Für mich persönlich hat Karoline Eichhorn ein bisschen die Nase vorn, weil ich ihr Spiel in der brillanten Serie „Dark“ ganz großartig fand.
Dann dürfte Sie auch gefreut haben, dass in der Kategorie „Beste deutsche Miniserie/Mehrteiler“ neben „Das Verschwinden“ und „4 Blocks“ auch die Netflix-Produktion „Dark“ nominiert worden ist. Gab es in Ihren Augen noch andere Must-See-Events im letzten Jahr?
Gätjen: Sicherlich gehören diese drei Produktionen auch zu meinen absoluten Highlights, aber am Ende ist und bleibt es doch eine Geschmacksfrage. „Babylon Berlin“ gehört ebenso in diese Runde wie „Charité“, „Allmen“ oder „Schuld 2“ mit Jürgen Vogel und Moritz Bleibtreu.
Es gibt eine Menge exzellenter Produktionen, die es verdient gehabt hätten, nominiert zu werden. Aber es können halt nicht alle in den Top 3 landen.
Wie beurteilen Sie generell die jüngste Entwicklung in der deutschen Fernsehlandschaft? Wenn Pay-TV-Sender wie TNT-Serie oder Streamingdienste wie Netflix hohe Qualität produzieren, ist das für die etablierten Sender eher eine Gefahr oder eine Chance?
Gätjen: Ist doch großartig, wenn das Geschäft wachgerüttelt und die Karten neu gemischt werden. Das gibt Fernsehschaffenden endlich die Möglichkeit, ihre Ideen zu verwirklichen. Es geht wieder um richtig packende Geschichten und nicht mehr um Schema F. Fiktionale Serien und Filmen werden kreativer, innovativer und neuartig erzählt. Das gefällt mir extrem gut.
Es ist für die etablierten Sender eine Chance, mal darüber nachzudenken, was sich ändern muss. Jahrelang haben alle beklagt, dass keiner mehr ein Risiko eingeht. Jetzt rutscht man ganz leicht nach hinten, wenn man nicht in die Offensive geht.
Und wie viel fehlt deutschen Produktionen in Ihren Augen noch zum derzeitigen US-Niveau? Wann gibt es deutsche Antworten auf „Game of Thrones“ oder „House of Cards“?
Gätjen: Die gibt es doch schon. Am Ende zählt die Geschichte und da gibt es genügend deutsche Produktionen, die auf extrem hohen Niveau funktionieren. Fatih Akin macht weltweit erfolgreiche Filme, „Dark“ ist die erste deutsche Netflix-Serie, Schweighöfer hat auf Amazon mit „You Are Wanted“ einen beachtlichen Erfolg eingefahren.
Till Schweigers Filme sind auch in Russland Kassenknaller. Bei „House of Cards“ oder „Game of Thrones“ sind die Budgets ein Vielfaches höher, wodurch sich ganz andere Situationen und Dinge realisieren lassen.
Und es verkauft sich weltweit eben auch leichter, wenn man auf englisch dreht. Aber die Produzenten Nico Hoffman und Wiedemann & Berg zeigen ja schon jetzt, wie man hierzulande international erfolgreich produzieren kann. Wir müssen uns definitiv nicht verstecken – da kommt noch ganz viel.
Dieser Artikel ist zuerst auf Goldenekamera.de erschienen.